Studie Kinderarmut in NRW nimmt zu

Düsseldorf · Nach einer Studie des Forschungsinstituts WSI leben hierzulande immer mehr Kinder in prekären Verhältnissen. Der Regierungsbezirk Düsseldorf belegt den vorletzten Platz in Westdeutschland.

 In NRW sind mehr Kinder arm als in den meisten anderen Bundesländern.

In NRW sind mehr Kinder arm als in den meisten anderen Bundesländern.

Foto: dpa, ppl;cse dbo lof

Trotz aller bisherigen Anstrengungen der rot-grünen Landesregierung hat die Kinderarmut in NRW gegen den Bundestrend in den vergangenen Jahren zugenommen. Einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge lebte im Jahr 2014 fast jedes vierte Kind (23,6 Prozent) in einem Haushalt, der von Einkommensarmut betroffen ist und damit 2,7 Prozent mehr als 2010. Bundesweit sind es 19 Prozent. "Die Bilanz für Nordrhein-Westfalen fällt hingegen unerfreulich aus", schreibt Eric Seils, Autor der Studie, und Sozialexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Der Studie zufolge gibt es in NRW im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr arme Kinder als in den meisten anderen Bundesländern. Der Regierungsbezirk Düsseldorf belegt mit einer Quote von 25,1 Prozent sogar den zweitschlechtesten Platz in Westdeutschland - nach dem Stadtstaat Bremen, wo 33,1 Prozent der Kinder in Armut leben. Die niedrigste Kinderarmut verzeichnen die bayerischen Regierungsbezirke Oberbayern (9,1 Prozent) und Oberpfalz (9,6 Prozent). Hauptursachen für Kinderarmut sind dem WSI zufolge Arbeitslosigkeit der Eltern und das Aufwachsen in Haushalten mit nur einem Elternteil.

Die Studie des WSI kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie zuletzt auch die Paritätischen Wohlfahrtsverbände, die ihren neuesten Armutsbericht am kommenden Dienstag vorlegen. Sie basiert auf den jüngsten Daten des Mikrozensus, die das Institut für alle Bundesländer und im Einzelnen für insgesamt 39 Regionen aufgeschlüsselt hat. Der Mikrozensus ist eine großangelegte, jährliche Befragung von Haushalten in Deutschland, die unter Experten als die valideste Datenquelle gilt, wenn es um die Ermittlung von Armutsquoten in Deutschland geht.

Das Ergebnis der WSI-Studie weckt Zweifel, ob die von der Landesregierung angestoßenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut ihre Ziele erreichen können. "Wenn jedes vierte Kind in Nordrhein-Westfalen arm ist, dann ist das eine besondere Herausforderung für die Politik", sagt Friedhelm Güthoff, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes in Nordrhein-Westfalen.

Aber auch die Wirtschaft sei gefordert, etwas gegen die wachsende Kinderarmut zu unternehmen. "Die Unternehmen dürfen nicht erst dann kommen, wenn sie feststellen, dass es einen Fachkräftemangel gibt", so Güthoff.

SPD und Grüne in NRW hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verpflichtet, der Bekämpfung von Kinderarmut "einen besonderen Stellenwert" einzuräumen. Noch immer entscheide der soziale Hintergrund der Eltern über die Chancen und Möglichkeiten der Kinder. "Das wollen wir ändern", betonten die Regierungsparteien. Zudem hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) das Thema unter dem Titel "Kein Kind zurücklassen!" zur Chefsache gemacht und sich zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung vor fünf Jahren zum Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für Kinder in NRW zu verbessern. Das Projekt sei langfristig angelegt, hieß es gestern in einer Stellungnahme der Landesregierung, "umso ermutigender ist es, dass bereits jetzt Erfolge messbar sind." An erster Stelle müsse jedoch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als Armutsverursacher Nummer eins stehen, teilte die Staatskanzlei mit, und verwies auf eine Vielzahl von Initiativen, auch zur Einführung des Mindestlohns.

(RP)
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