Integrationslehrer demonstrieren in Düsseldorf "23 Euro pro Unterrichtsstunde sind blanker Hohn"

Düsseldorf · Die Integrationskurslehrer sind sauer: Ihre Arbeitsverhältnisse sind unsicher, die Bezahlung schlecht. Dabei ist ihre Arbeit gerade in der Flüchtlingskrise wichtiger denn je. Mit Spruchbändern, Rasseln und Trillerpfeifen zogen 120 Lehrer am Mittwoch durch die Straßen Düsseldorfs.

"Der, die, das — das kostet was!"- und "Integration hat ihren Preis — wir auch"-Sprechchöre waren am Vormittag auf den Straßen zu hören. Über hundert Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache forderten ein Ende der prekären Arbeitsverhältnisse im Auftrag des Bundes und eine faire Bezahlung im Rahmen einer Festanstellung oder durch ein entsprechend hohes Honorar.

23 Euro brutto pro Einheit

Lehrkräfte für Integrationskurse sind in der Regel nicht festangestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF) sieht eine Vergütung von mindestens 23 Euro brutto pro erteilter Unterrichtseinheit vor. Die selbstständigen Lehrkräfte müssen davon die Sozialabgaben bezahlen, haben keinen Kündigungsschutz, keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub. Viele haben Angst vor Altersarmut. Um gegen diese Bedingungen zu demonstrieren, versammelten sich die Lehrkräfte vor dem BamF in Düsseldorf: "Die vorher gesammelten Unterschriften wurden in einer großen Plastiktüte einem BamF-Mitarbeiter überreicht", schilderte Sylvia Burkert vom Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Düsseldorf. "Die Wut richtete sich auch gegen Innenminister Thomas de Maizière, der ja für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verantwortlich ist." Anschließend zog die Gruppe durch die Düsseldorfer Straßen zum Rathaus.

Ehrenamtler sind wichtig

Aus ganz NRW waren Demonstranten angereist. Eine große Gruppe kam aus Bielefeld, darunter Lehrerin Barbara Kling: "Unsere schlechten Arbeitsbedingungen im Vergleich zu festangestellten oder verbeamteten Lehrern haben uns hierhergeführt, wir haben alle einen Hochschulabschluss und sind qualifiziert." Die Arbeit in den Integrationskursen sei sehr interessant, es gehe nicht nur um die Vermittlung der deutschen Sprache: "Wir müssen den Menschen helfen, sich hier zu integrieren, zurechtzufinden, wir beraten, wenn sie Nöte plagen. Wir werden aber nur für die 45 Minuten bezahlt, die wir effektiv unterrichten. Die Vorbereitung, die Korrekturen, die Verwaltungsarbeit, die individuelle Betreuung, die Gespräche nach dem Unterricht — das wird alles nicht bezahlt", so Kling.

Plus für unsere Gesellschaft

Was sie trotzdem anspornt: "Ich empfinde es als Bereicherung, dass ich mit Menschen aus über verschiedensten Kulturkreisen zusammenarbeiten kann." Kling schätzt auch das Ehrenamt sehr: "Das ist ein Plus für unsere Gesellschaft, dass so viele Menschen Flüchtlingen helfen und ihnen auch sprachlich etwas beibringen. Aber das ersetzt natürlich nicht die Fachkräfte, die das unterrichten."

Auch Schüler wollten ihre Lehrer unterstützen: Ein junger Arzt aus Syrien lebt erst seit zwei Monaten in Deutschland, sein Deutsch ist aber schon fast fließend. Das liege an seiner guten Lehrerin, sagt er. "Ich bin heute hier um meiner Lehrerin und allen Sprachlehrern zu helfen", so der 27-Jährige.

Solidarische Kollegen

Deutschlehrerin Ruth Jansen von der Volkshochschule Düsseldorf zeigte sich solidarisch mit den schlechtbezahlten Kollegen und demonstrierte mit: "Diese Integrationskurse sind seit Jahrzehnten vollkommen unterfinanziert, die Lehrer unterbezahlt. Es gab gerade eine Honorarerhöhung vom BamF, aber 23 Euro pro Unterrichtseinheit sind der blanke Hohn. Die Kollegen sind selbstständig, bekommen kein Urlaubsgeld, Krankengeld, müssen die Krankenkasse und die Rentenversicherung selbst finanzieren. Dann bleibt im Endeffekt sehr, sehr wenig übrig", so Jansen.

Die Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache, Eva Romberg, unterrichtet seit sieben Jahren auf selbstständiger Basis, verdient etwa 1000 Euro netto im Monat. Für die 25 Unterrichtsstunden in der Woche bekommt sie das Mindesthonorar. "Ich finde, das ist für eine akademische Laufbahn sehr wenig. Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich wäre alleinerziehend, dann würde es wirklich eng werden", sagt sie. Es ist bereits die dritte Demonstration, bei der sie für bessere Arbeitsbedingungen kämpft — mit der Beteiligung in Düsseldorf war sie nicht ganz zufrieden: "Es hätten ein paar mehr sein können, vor allem bei diesem perfekten Demonstrationswetter."

(tak)
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