Pilotprojekt Holländische Erzieher für NRW-Kitas

Düsseldorf · Die grenznahen Arbeitsagenturen haben angesichts des Fachkräftemangels ein Pilotprojekt gestartet. Sie wollen arbeitslose Pädagogen aus den Niederlanden für die unbesetzten Stellen gewinnen.

 Lilian Timmermans aus Maastricht ist studierte Grundschullehrerin. Obwohl sie eigentlich überqualifiziert ist, liebt sie ihren Beruf als Erzieherin. Sie arbeitet seit August in der städtischen Kita „Am Wasserturm“ in Herzogenrath bei Aachen. Die Kinder (v.l.) Emily, Rahaf, Bedran und Elias mögen die 30-Jährige sehr.

Lilian Timmermans aus Maastricht ist studierte Grundschullehrerin. Obwohl sie eigentlich überqualifiziert ist, liebt sie ihren Beruf als Erzieherin. Sie arbeitet seit August in der städtischen Kita „Am Wasserturm“ in Herzogenrath bei Aachen. Die Kinder (v.l.) Emily, Rahaf, Bedran und Elias mögen die 30-Jährige sehr.

Foto: Endermann, Andreas

Die Arbeitsagenturen Aachen, Mönchengladbach und Krefeld werben gezielt um Erzieher aus den Niederlanden. "In NRW sind viele Stellen in Kitas unbesetzt", sagte eine Sprecherin der Mönchengladbacher Arbeitsagentur. Aus diesem Grund haben die grenznahen Jobcenter das Projekt "Kinderopvang" ins Leben gerufen. Ziel ist es, für die offenen Stellen in den Einrichtungen in Mönchengladbach, Krefeld, dem Kreis Viersen und dem Rhein-Kreis Neuss sowie in der Region Aachen arbeitslose Erzieher aus dem Nachbarland zu gewinnen.

In den Niederlanden stellt sich die Situation anders dar: Dort gibt es keinen Mangel an Fachkräften, sondern an Jobs. Rund ein Viertel der Erzieher hat seit 2011 seine Stellen verloren. Weil die staatlichen Zuschüsse stark gekürzt wurden, können sich viele Eltern die Kita-Gebühren nicht mehr leisten und organisieren die Betreuung stattdessen in der Familie. Viele Kitas mussten Personal entlassen; die Zahl der Tagesmütter ist ebenfalls gesunken. Dadurch ist die Arbeitslosenquote im Bereich der Kinderbetreuung deutlich gestiegen.

In den Niederlanden sind aktuell 9439 Erzieher arbeitslos gemeldet, allein in der Region Limburg sind es 405. Laut Familienministerium ist der Bedarf in NRW an Fachkräften nicht mehr so groß wie noch vor dem 1. August 2013. Seither haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige. Allerdings gibt es landesweit immer noch Hunderte offene Stellen in der Kinderbetreuung. NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD) kündigte gestern an, bis zu 13 000 neue Kita-Plätze für unter Dreijährige zum Kita-Jahr 2014/15 zu schaffen. Derzeit arbeiten 94.000 Beschäftigte in NRW-Kitas und damit rund 17 Prozent mehr als 2008. Zudem ist die Zahl der Auszubildenden für den Erzieherberuf gestiegen. 22.600 angehende Erzieher absolvieren gerade ihre Ausbildung — ein Plus von rund 40 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 2008/09.

Fachkräfte aus den Niederlanden könnten die Lücken in den grenznahen Regionen nach Einschätzung der Arbeitsagenturen teilweise schließen. In Mönchengladbach gibt es rund 50 offene Stellen, in anderen Städten sieht es ähnlich aus. Wer aus den Niederlanden in NRW als Erzieher arbeiten möchte, muss seinen Abschluss bei der Bezirksregierung Köln anerkennen lassen. Das kann mehrere Monate dauern, da die Vielfalt der Abschlüsse in den Niederlanden wesentlich größer ist: Rund 80 Qualifikationen gibt es im sozialpädagogischen Bereich. Die Zahl der Anfragen sei in den vergangenen Monaten gestiegen, berichtete Dieter Schaaf-Reimann von der Bezirksregierung Köln. Derzeit liegen einige Dutzend Anträge vor.

Wer aus den Niederlanden nach Deutschland pendelt, ist hier steuerpflichtig. Die Verdienstmöglichkeiten in Kitas seien etwas höher. "Seitdem die steuerlichen Subventionen stark gekürzt wurden, liegt die Branche in den Niederlanden brach", sagte Günter Fuchs vom Team für grenzüberschreitende Arbeit in Maastricht. Der deutsche Finanzbeamte kümmert sich um Fragen zum Steuerrecht. Ob sich die Arbeit in Deutschland lohne, müsse jeder Erzieher genau ausrechnen. Die Fahrtkosten seien nur bis zu einer bestimmten Grenze absetzbar. "Aber viele sind bereit dazu, auch wenn am Ende des Monats keine große Summe übrig bleibt, weil sie nicht arbeitslos sein wollen."

(RP)
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