Halterner Schulleiter über die Tage nach dem Absturz Ulrich Wessel: "Die Narbe wird für immer bleiben"

Haltern · Der Tag des Germanwingsabsturzes war auch für Ulrich Wessel der schwerste seines Lebens. Er ist der Schulleiter des Joseph-König-Gymnasiums. 16 seiner Schüler und zwei Lehrerinnen waren bei dem Unglück ums Leben gekommen. Nun erzählt er in einem Interview, wie er die Tage danach erlebt hat.

 Schulleiter Ulrich Wessel ist die Trauer deutlich anzusehen.

Schulleiter Ulrich Wessel ist die Trauer deutlich anzusehen.

Foto: afp, bb

Die Trauer über den Verlust der 16 Schüler und zwei Lehrerinnen war Ulrich Wessel in den vergangenen Tagen deutlich anzusehen. Mit tränenerstickter Stimme sprach er immer wieder und versuchte doch, so gut es ging Trost zu spenden. Als bekannt wurde, dass Copilot Andreas L. den Sinkflug mit Absicht eingeleitet und so Germanwings-Flug 4U9525 zum Absturz brachte, war auch Wessel schockiert. "Es ist noch viel, viel schlimmer, als wir gedacht haben. Es macht uns wütend, ratlos und fassungslos", sagte er auf einer Pressekonferenz.

Im Interview mit der "Bild am Sonntag" spricht Wessel nun darüber, wie er die Tage nach dem Absturz erlebt hat. Er sagt: "Man wird dieses Unglück immer mit dem Namen der Stadt Haltern in Verbindung bringen. Die Narbe wird für immer bleiben."

Er habe, so sagt er weiter, beim Gedenkgottesdienst am Freitag, bewusst für 149 Opfer statt für 150 Opfer gebetet. "Ich habe mich gefragt: Warum wirft sich jemand wie dieser junge Mann, der am Steuer des Flugzeugs saß, nicht vor einen Zug. Ich kann mit diesem jungen Mann kein Mitleid haben. Aber mir tut seine Familie unglaublich leid."

Der schlimmste Moment, so sagt der Schulleiter, sei für ihn der gewesen, als die Eltern in die Schule gekommen seien und klar war, dass ihre Kinder an Bord von Flug 4U9525 waren. "Sie können mir glauben: Es ist einfach nur furchtbar, Eltern sagen zu müssen, dass ihre Kinder nicht mehr zurückkommen."

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Er selbst sei in dieser Woche kaum zur Ruhe gekommen, um über das Geschehene nachzudenken, sagt Wessel in dem Interview. Er habe kaum geschlafen und glaube, dass ihm erst am Donnerstag wirklich klar geworden sei, was geschehen war. Das sei gewesen, als er nachts die Todesanzeige, die die Schule vorbereitet hatte, betrachtet habe. "In diesem Moment musste ich nur noch weinen."

Der Schulleiter äußert sich in dem Interview auch zur Kritik an der Berichterstattung über das Unglück. Er sagt, dass er gehört habe, dass Schülern Geld für Informationen angeboten worden sei und trauernde Angehörige angerufen worden waren. "Das ist natürlich absolut inakzeptabel. Aber das waren Einzelfälle." 99 Prozent der Medien, so Wessel, hätten sich an die von der Schule gezogene Grenze gehalten, innerhalb der keine Medien erlaubt gewesen seien.

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Für eines, das macht er in dem Gespräch zudem deutlich, werde er sorgen: dass die bei dem Absturz ums Leben gekommenen Schüler und Lehrerinnen nicht vergessen werden. Denn: "Tot ist man erst, wenn man vergessen wird — das wird nicht passieren." Die Schule wolle auch ein Denkmal errichten für die Opfer von Flug 4U9525.

(das)
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