Hamm Debatte um Vollverschleierung vor Gericht

Hamm · Die Vollverschleierung einer Frau vor Gericht hat bei der Hammer Generalstaatsanwältin Petra Hermes Bedenken hervorgerufen. In einem Schreiben an alle anderen Generalstaatsanwälte in Deutschland berichtet sie über den Fall vor einem Jugendschöffengericht, bei dem die Angeklagte ihren Ganzkörperschleier nicht abgenommen habe.

Nach vorläufiger Bewertung von Hermes hindert die Vollverschleierung ein Gericht daran, die Identität und Verhandlungsfähigkeit von Angeklagten und Zeuginnen festzustellen, so wie es in der Strafprozessordnung vorgesehen sei. Zudem könnte die Verhandlung gegen eine Vollverschleierte den Unmittelbarkeitsgrundsatz beeinträchtigen. Danach müssen das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten Gestik und Mimik einer Angeklagten oder Zeugin wahrnehmen können, um daraus Rückschlüsse auf deren Glaubwürdigkeit ziehen zu können.

Hermes nannte es fraglich, dass in einer Hauptverhandlung eine Vollverschleierung aus religiösen Gründen hinzunehmen ist. Die Abwägung zwischen Religionsfreiheit und Rechtsstaatsprinzip dürfte in der Regel zugunsten des letzteren ausfallen. Denn das Interesse des Staates an einer rechtsfehlerfreien, durch äußere Einflüsse weitgehend unbeeinflussten Beweiswürdigung dürfte das Interesse an einer Verschleierung übersteigen. "Die Durchsetzung der Entfernung des Gesichtsschleiers in der Hauptverhandlung scheint mir im Rahmen sitzungspolizeilicher Maßnahmen möglich", so die Generalstaatsanwältin.

Sie bittet ihre Kollegen um Mitteilung darüber, ob es in ihren Geschäftsbereichen gleichartige Fälle gegeben habe. Zudem möchte sie wissen, wie solche Fälle durch Staatsanwaltschaften und Gerichte behandelt und bewertet worden seien.

(sef/kna)
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