Flüchtlinge in NRW Das Land hat doch noch Platz

Düsseldorf · In den Flüchtlingsunterkünften des Landes gibt es 28.000 freie Betten. Zum ersten Mal seit Monaten sind weniger als 10.000 Asylsuchende in einer Woche nach NRW gekommen. Ein zehntägiger Aufnahmestopp soll die Städte entlasten.

Flüchtlinge in Turnhallen – so sieht es in der Region aus
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Foto: Dieter Weber

Die Plätze in den Flüchtlingsunterkünften des Landes NRW sind derzeit nur zu zwei Dritteln belegt. So waren am 25. November dieses Jahres in den 264 Einrichtungen 50.000 Asylsuchende untergebracht — Platz wäre aber für 78.000. Das geht aus einem Bericht des Innenministeriums hervor, der unserer Redaktion vorliegt.

Allein in den fünf Erstaufnahmeeinrichtungen in Bad Berleburg, Burbach, Bielefeld, Dortmund und Unna sind demnach aktuell rund 300 Plätze frei. In der zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Neuss sind von den 1600 Plätzen auch nur 1230 belegt. Gemessen an der Größe der Unterkünfte ist die ZUE in Essen aktuell am wenigsten ausgelastet. Dort sind von den 675 Plätzen noch 320 frei.

Zum ersten Mal seit vielen Monaten sind weniger als 10.000 Flüchtlinge in einer Woche nach NRW gekommen. Die für die Verteilung der schutzsuchenden Menschen zuständige Bezirksregierung Arnsberg zählte vom 30. November bis zum 6. Dezember 8.999 Flüchtlinge. Zum Vergleich: Im Oktober waren es pro Woche noch bis zu 16.000 gewesen. "Insofern scheint sich der Trend hin zu einer leichten Entspannung zu bestätigen", sagt ein Sprecher der Arnsberger Aufsichtsbehörde. Ob diese Entwicklung allerdings von Dauer sein werde, oder ob es sich um eine — auch witterungsbedingte — Momentaufnahme handele, könne man derzeit noch nicht sagen, erklärt er.

Über die genaue Zahl der Flüchtlinge in NRW gibt es unterschiedliche Angaben. So sind nach Aussagen des Bundes seit Jahresbeginn 180.801 Asylsuchende nach Nordrhein-Westfalen gekommen. Tatsächlich liegt die Zahl aber wohl deutlich höher. Denn das NRW-Innenministerium zählte allein bis zum 25. November 282.352 Asylbegehrende. Die Diskrepanz von mehr als 100.000 Personen erkläre man sich vor allem durch die Flüchtlinge, die von sich aus direkt nach NRW kommen und damit nicht im zentralen Computersystem des Bundes erfasst werden, heißt es in dem Bericht. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien (85.836) nach Nordrhein-Westfalen. Dann folgen Menschen aus Afghanistan (38.457), dem Irak (21.226) und dem Iran (8.498).

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Foto: dpa, awe

Wegen der sinkenden Flüchtlingszahlen und der freien Kapazitäten in den Unterbringungseinrichtungen kann es sich das Land erlauben, die Kommunen mit einem Verteilungsstopp zu entlasten. Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte eine zehntägige Zuweisungspause zwischen dem 24. Dezember und dem 3. Januar an. In diesem Zeitraum werde man keine weiteren Asylbewerber in die Kommunen schicken, sagte Jäger der "Funke Mediengruppe". Die Stadt Duisburg begrüßt die Entscheidung. "Das entlastet uns vor allem personell. Die Mitarbeiter in den betreffenden Verwaltungsbereichen können nach dem Dauerdruck der vergangenen Wochen und Monate dann mal endlich etwas durchschnaufen", betont der Oberbürgermeister von Duisburg, Sören Link (SPD).

Auch in Köln reagiert man erleichtert, weil man damit gar nicht mehr gerechnet hatte. "Wir hatten schon — wie alle anderen Städte auch — einen Notdienst für diesen Zeitraum eingerichtet, weil uns die Bezirksregierung zuvor gesagt hatte, dass es keinen Zuweisungsstopp geben wird", so der stellvertretende Amtsleiter für Wohnungswesen der Stadt Köln, Josef Ludwig.

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Foto: dpa, shp htf mbk

Nicht nur zum Jahreswechsel, sondern auch dauerhaft will das Land die 396 Städte und Gemeinden bei der Unterbringung der Flüchtlinge deutlich entlasten. So sollen nach Informationen unserer Redaktion viele der mittleren und kleineren Notunterkünfte, die in den Kommunen kurzfristig entstanden sind, in den kommenden Monaten nach und nach wieder geschlossen werden. "Für den Fall, dass der Zustrom an Flüchtlingen nicht wieder deutlich steigt, können wir wohl bald wieder insbesondere auf nicht ganz so große Turnhallen verzichten", so eine Mitarbeiterin einer Aufsichtsbehörde. Die Landesregierung hatte im Sommer die Städte auf dem Wege der Amtshilfe um die Bereitstellung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten gebeten.

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(csh)
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