Familienvater stirbt nach Prügelei "Bergisch Gladbach ist nicht die Bronx"

Bergisch Gladbach/Düsseldorf · Nachdem ein 40-jähriger Familienvater nach einer Prügelei am Donnerstagabend gestorben ist, sprechen Anwohner von einer neuen No-go-Area in der Gladbacher Innenstadt. Die Polizei widerspricht.

 Polizei-Blaulicht (Symbolfoto)

Polizei-Blaulicht (Symbolfoto)

Foto: dpa, rwe tba

Ein solcher Fall erschüttert Bürger und Polizisten gleichermaßen: Ein 40-jähriger Familienvater stirbt nach einer Schlägerei am Donnerstagabend in der Innenstadt von Bergisch Gladbach. Er ist mit zwei Begleitern unterwegs, als sie auf eine Gruppe von sechs Jugendlichen und Heranwachsenden treffen. Es kommt zum Streit, ein Wort gibt das andere, plötzlich schlägt einer der Jugendlichen zu.

Die Tragik des Falls erinnert an den Schüler Niklas P.. Der Schüler stirbt im Mai 2016 nach einer Schlägerei mit anderen Jugendlichen in Bad Godesberg. Damals ist er gerade einmal 17 Jahre alt. Der Fall erschüttert den Bonner Stadtteil, Bürger empören sich, weil das ehemalige Diplomatenviertel Bonns seit Jahren zu einem Treffpunkt für aggressive Jugendliche wird. Das schürt die Unsicherheit.

Auch in Bergisch Gladbach sprechen manche nach der Tat von Donnerstagabend von "No-go-Areas". Bürger sind bestürzt über die Brutalität, fühlen sich in der Innenstadt nicht mehr sicher.

Die Tat stellt sich am Montag anders da als noch zu Beginn: Demnach ist der Tod des Familienvaters eine unglückliche Verkettung von Umständen, der 18-jährige Tatverdächtige in den Augen der Ermittler kein brutaler Schläger, der nur auf sein nächstes Opfer gewartet hat. "Der Mann ist nicht an dem Schlag des 18-Jährigen gestorben, sondern an dem Aufprall nach dem Sturz", sagt Richard Barz, Sprecher der Kreispolizei des Rheinisch-Bergischen Kreises.

Beide Parteien sollen in den Vernehmungen angegeben haben, dass der Prügelei ein wechselseitiges Wortgefecht vorausgegangen ist. Der 18-Jährige sei eigentlich schon an der Gruppe vorbei gewesen, als er umdrehte und den 40-Jährigen schlug. Das hatte er in seiner Vernehmung am Freitag eingeräumt.

Als der 40-Jährige am Boden gelegen habe, hätte sich die Prügelei zwischen dessen beiden Begleitern und der Gruppe junger Männer fortgesetzt. Die seien geflohen, als Zeugen die Polizei gerufen hätten. Den 18-Jährigen hatte man am Freitag in Köln-Mülheim festgenommen. Ob sich der ebenfalls verletzte Begleiter des Toten noch im Krankenhaus aufhält und wie schwer seine Verletzungen sind, ist derzeit nach Aussage der Ermittler nicht bekannt.

Am Montag teilt der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer mit, dass der Hauptverdächtige, ein 18-Jähriger Kölner, nicht in Untersuchungshaft sitzt. Gegen ihn wird nicht mehr wegen fahrlässiger Tötung ermittelt sondern lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge. Das rechtfertige keine Untersuchungshaft, zumal der 18-Jährige bei seiner Mutter lebe und nicht vorbestraft sei, teilt der Staatsanwalt mit.

"Natürlich herrscht in der Stadt jetzt viel Interesse an dem Fall. Bei einigen ist das Maß der Unsicherheit gestiegen", sagt Barz. "Es ist ein subjektives Sicherheitsgefühl, das sich nicht immer mit objektiven Zahlen belegen lässt. Natürlich ist das Gefühl der Bürger wichtig. Sie müssen mit gutem Gewissen vor die Tür gehen können."

Barz hat die Fakten parat, er hat sich die Zahlen aus dem Jahr 2016 angesehen. In der Innenstadt rund um die Fußgängerzone zwischen Bus- und S-Bahnhof habe es im vergangenen Jahr 131 Straftaten aus dem Bereich gefährliche Körperverletzung und einfachen Körperverletzung, Raub und Widerstandsdelikte geben. In den ersten acht Monaten 2017 seien es 129 Straftaten. Es sei demnach auf das ganze Jahr gesehen mit einem leichten Anstieg zu rechnen.

"Bergisch Gladbach ist nicht die Bronx"

2017 habe es bislang 30 gefährliche Körperverletzungen gegeben, 35 seien es insgesamt im Jahr 2016 gewesen. Auffällig sei, dass die einfachen Körperverletzungsdelikte zugenommen hätten. 2016 habe davon 75 gegeben, 2017 seien es bis jetzt schon 80. "Da werden wir einen deutlichen Zuwachs verzeichnen." Für eine Stadt mit 100.000 Einwohnern und insgesamt 640 Körperverletzungsdelikten 2016, seien 75 in der Innenstadt verhältnismäßig und im erwartbaren Rahmen. "Bergisch Gladbach ist nicht die Bronx", sagt Barz. Polizei und Ordnungsamt arbeiten schon zusammen und zeigen gemeinsam Präsenz in der Innenstadt. Das solle präventiv wirken.

Man könne sehen, dass einfache Körperverletzungsdelikte häufiger in der Innenstadt passieren. Eine Erklärung hat er dafür nicht. In Gladbach träfen unterschiedliche Gruppen aufeinander, die Stadt sei außerdem Knotenpunkt für alle aus dem Umkreis, die nach Köln wollten. "Vor allem am Wochenende verweilen hier auch viele Menschen, weil hier manche Lokalitäten auch noch in der Nacht geöffnet haben." Was die einfachen Körperverletzungsdelikte angehe, seien das oft Beziehungstaten - das heißt, Täter und Opfer kennen sich -, Prügeleien unter Nachbarn, Cliquen oder Pärchenstreits, die eskalieren. "Was hier am Donnerstag passiert ist, dass sich Wildfremde auf der Straße beleidigen und dann prügeln, ist nicht der Regelfall." Natürlich müsse man sehen, wie sich die Kriminalität entwickele. "So etwas darf nicht ausufern."

(heif)
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