"Hybride" in sozialen Netzwerken Mit Fotos wie diesem wird gegen Flüchtlinge gehetzt

Düsseldorf · Gefälschte Meldungen in sozialen Netzwerken haben in der Flüchtlingskrise eine traurige Tradition. Vor wenigen Tagen wurde auf Facebook auch ein Bild von RP ONLINE aus dem Zusammenhang gerissen, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen.

 Dieses Foto wurde für Hetze gegen Flüchtlinge missbraucht.

Dieses Foto wurde für Hetze gegen Flüchtlinge missbraucht.

Foto: Polizei

Gefälschte Meldungen in sozialen Netzwerken haben in der Flüchtlingskrise eine traurige Tradition. Vor wenigen Tagen wurde auf Facebook auch ein Bild von RP ONLINE aus dem Zusammenhang gerissen, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen.

Das Foto stammt aus dem Juli 2010. Es zeigt eine verwüstete Wohnung. In einer Küche sind die Bodenfliesen mit braunem Dreck überdeckt. Wild verstreut liegen Spielkarten, Tüten, Papier umher, am Rand sind zwei Eimer zu sehen. Auch die Schranktüren sind verschmiert.

Erlogener Zusammenhang

Seit dem vergangenen Freitag ist das Bild im Zusammenhang mit einem Beitrag auf Facebook zu sehen. Tausendfach wurde es bereits geteilt. Im Text dazu werden Flüchtlinge für das Chaos verantwortlich gemacht. Da heißt es: "Die Wände in der Flüchtlingsunterkunft sind dreckverschmiert, Lampen wurden zerschlagen, es riecht unangenehm. Betreiber, Hausmeister und freiwillige Helfer versuchen täglich, der Lage Herr zu werden, stoßen dabei aber offensichtlich an die Grenze ihrer Belastbarkeit."

Bekanntes Selfie mit Angela Merkel

Weitere Bilder zeigen verwüstete Räume. Ein zerschlagenes Waschbecken. Der Inhalt eines umgestürzten Containers liegt verstreut in der Landschaft. Am Ende der Bildergalerie ist eines der bekannten Selfies von Kanzlerin Angela Merkel an der Seite von Flüchtlingen zu sehen. Einer der letzten Sätze im Text zu den Bildern lautet: "Die Einrichtung hat genau eine Woche gehalten, sogar den Fernseher und das Radio haben sie geklaut."

Alles gelogen. Die Bilder der Verwüstung stammen bis auf eines in Wahrheit aus ganz anderen Zusammenhängen. Diese Erkenntnis ist nicht zuletzt dem Verein Mimikama zu verdanken. Er hat sich einen guten Ruf damit erarbeitet, Falschmeldungen bei Facebook als solche zu entlarven und dabei zu dokumentieren, wie Inhalte verändert, sinnentstellend kombiniert oder missbraucht wurden. So auch in diesem Fall, bei dem Mimikama auch auf Seiten von RP ONLINE stieß.

Das Bild mit den Verwüstungen in der Küche entstand in einem Kindergarten in Velbert. Das Foto stammt ursprünglich von der Polizei. Im Juli 2010 hatte unsere Redaktion über den Fall berichtet: Unbekannte Täter waren in die Räume eingedrungen und hatten das Chaos verursacht. Vermutlich zählte der Einbruch zu einer ganzen Serie in Erkrath und Velbert. Damals sprach man in Deutschland über die WM in Südafrika oder die Wahl von Hannelore Kraft zur neuen Ministerpräsidentin in NRW. Die Flüchtlingskrise war noch kein Thema.

"Hybride" auf dem Vormarsch

Dies ist heute anders — auch in den sozialen Netzwerken. Die Echtheit von Beiträgen und Fotos ist dabei immer wieder fraglich. Zwar habe die Zahl der reinen Fälschungen abgenommen, doch seien umso mehr "Hybride" zu registrieren: Kombinationen von wahren und unwahren Begebenheiten. "Echte Meldungen werden mehrfach veröffentlicht", erläutert André Wolf von Mimikama. Teilweise würden Meldungen erneut veröffentlicht, die Monate alt sind, um den Anschein zu erzeugen, dass erneut etwas vorgefallen sei.

Der vorliegende Fall mit dem Bild aus Velbert sei ein Paradebeispiel für die zunehmende Kombination von Texten mit falschen Bildern. Auf Facebook sei mittlerweile außerdem ein gewisser Islamhass an der Tagesordnung. Zunehmend werde auch nicht mehr differenziert, ob jemand schon lange und friedlich in Deutschland lebt. Der Hass richte sich allgemein gegen Ausländer.

(pst)
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