Vorstoß in NRW E-Books sollen verliehen und verschenkt werden dürfen

Düsseldorf · Ein E-Book zu Weihnachten kann viel Ärger machen: Einfach so verschenken darf man es nicht, auch Verleihen ist nicht möglich. Das regeln Online-Händler in ihren AGB. Der NRW-Justizminister dringt jetzt auf kundenfreundlichere Gesetze.

Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) warnt vor Tücken im Online-Handel. Was wohl kaum jemand bei seinen Weihnachtsgeschenken bedacht hat: Online-Händler regeln häufig in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), dass E-Books weder weiterverkauft noch ohne weiteres verschenkt werden dürfen. Dagegen werde das Land NRW aber vorgehen, kündigte Kutschaty an. "Mir leuchtet die Unterscheidung, die der Online-Handel zwischen realen Büchern und E-Books machen will, nicht ein", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Mit einer Bundesratsinitiative will der SPD-Politiker darauf hinwirken, Wildwuchs in den Geschäftsbedingungen des digitalen Handels zu kappen. Die vertragsrechtliche Unterscheidung zwischen Büchern aus Papier und solchen in Bits und Bytes sei nicht gerechtfertigt, kritisierte er. "Warum will man es den Verbrauchern verwehren, ein einmal gelesenes E-Book an Dritte zu verschenken oder weiter zu verkaufen, wenn man das Interesse daran verloren hat?"

Nach geltendem Recht bleibe dem Bürger derzeit nur die Möglichkeit, die Datei, für die er bezahlt hat, nach dem Lesen zu entsorgen. "Das kann nicht richtig sein und stellt für die Verbraucher eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Kauf eines gedruckten Buches dar", unterstreicht Kutschaty.

Zwar bietet der Online-Handel auch "E-Books zum Verschenken" an. Dann zahlt der Käufer die Rechnung, erhält die Ware aber nicht.
Stattdessen erhält der Beschenkte eine E-Mail mit einem Link zum Herunterladen der Datei. Viele wissen das aber gar nicht und tappen so in die AGB-Falle.

In diesem "Dschungel" versteckten sich zahlreiche nachteilige Regelungen, berichtete Kutschaty. Kaum ein Kauf von E-Books, Apps oder anderen Downloads komme zustande, ohne dass der Kunde zuvor in seitenlange Geschäftsbedingungen einwilligt habe.

"Nicht selten ist sogar die Datenschutzerklärung länger als die eigentlichen Vertragsbedingungen", bemängelte Kutschaty. "Man kann den Eindruck gewinnen, dass dem Käufer nur deswegen ein neues Softwareupdate zum kostenlosen Download angeboten wird, um sich sofort die Zustimmung zu einer noch weitreichenderen Verwertung seiner persönlichen Daten abzuholen."

Die Justizministerkonferenz hatte NRW im Frühjahr beauftragt, federführend zu prüfen, ob die Digitalisierung Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfordert. Auf dem Prüfstand stehen unter anderem Persönlichkeits- und Vertragsrechte sowie Fragen des Dateneigentums. Auch das Urheberrecht könnte eine Anpassung an die Folgen des digitalen Wandels benötigen. Im Herbst 2016 wollen die Justizminister von Bund und Ländern erneut darüber beraten.

Oberlandesgerichte haben nach Angaben des Düsseldorfer Justizministeriums bereits im Sinne der Online-Händler geurteilt. Demnach sind Vertragsbedingungen, die nur dem Käufer persönliche Nutzungsrechte zugestehen, nicht zu beanstanden.

Deswegen will Kutschaty bei den Rechtsnormen ansetzen. "Was klar gesetzlich geregelt ist, braucht keine unlesbaren AGB und schafft einen fairen Interessenausgleich zwischen Verbrauchern und Online-Anbietern." Bis dahin seien die Bürger aufgerufen, der Justiz unter der Adresse www.digitaler-neustart.de. ihre Erfahrungen und Probleme mit Geschäftspraktiken im Internet zu schildern.

"Gerade in der Weihnachtszeit machen die Bürger im Internet oftmals auch ärgerliche Erfahrungen", stellte Kutschaty fest. "Wir wollen, dass sie ihren Ärger nicht hinunterschlucken, sondern uns auf unserer Online-Beteiligungsplattform mitteilen, wo ihnen der Schuh drückt. Dann haben sie eine echte Chance, dass sich zukünftig etwas ändert."

(dpa)
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