Detmold Ärzte: Auschwitz-Verfahren gegen 93-Jährigen findet statt

Detmold/Dortmund · Wegen Beihilfe zu 170.000-fachem Mord ist seit Februar ein 93-jähriger Rentner in Lippe angeklagt. Ein Arzt hat jetzt untersucht, ob er gesundheitlich noch zu einem Prozess in der Lage wäre. Ja, für täglich zwei Stunden, heißt es in einem Gutachten.

Auschwitz 70 Jahre nach der Befreiung
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Auschwitz: Bilder vom Ort des Verbrechens

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Foto: RP/Sebastian Fuhrmann

Einem Prozess in Detmold gegen einen 93-Jährigen wegen Morden im NS-Konzentrationslager Auschwitz steht aus ärztlicher Sicht nichts im Wege. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für NS-Verbrechen in Dortmund hatte im Februar Anklage gegen den Rentner aus Lippe erhoben. Ihm wird Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen in der Zeit von Januar 1943 bis Juni 1944 vorgeworfen.

Ein ärztliches Gutachten hat dem Angeklagten nun Verhandlungsfähigkeit attestiert. Nach den Feststellungen eines Facharzts für Psychiatrie und Geriatrie ist der 93-Jährige eingeschränkt verhandlungsfähig, und zwar für zwei Stunden pro Verhandlungstag, wie das Landgericht Detmold am Montag berichtete. Die Schwurgerichtskammer hatte das Gutachten in Auftrag gegeben.

Staatsanwaltschaft und Verteidigung können nun in den kommenden zwei Wochen Stellung dazu nehmen. Anschließend entscheidet die Kammer über die Eröffnung des Hauptverfahrens. Mit einer Entscheidung ist laut einer Gerichtssprecherin noch in diesem Jahr zu rechnen.

Ursprünglich sollte eine Entscheidung über die Verfahrenseröffnung bereits im Juni fallen. Die Verteidigung hatte aber beantragt, das Verfahren nicht zu eröffnen, weil der 93-Jährige nicht verhandlungsfähig sei.

Zuletzt gab es im Auschwitz-Prozess in Lüneburg gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning mehrfach Probleme wegen der Gesundheit des Angeklagten. Er war wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300 000 Fällen im Juli zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden.
Es ist noch unklar, ob er in Haft muss.

Schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen wurden zwischen 1940 und 1945 in das KZ Auschwitz deportiert. Bis zur Befreiung des Lagers durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 wurden dort mindestens 1,1 Millionen Häftlinge ermordet.

(dpa)
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