Wieder Panne in Köln/Bonn Haben deutsche Flughäfen ein Sicherheitsproblem?

Köln · Der Flughafen Köln/Bonn hat sich innerhalb kürzester Zeit mehrere Sicherheitspannen geleistet. Unter anderem ist ein vertraulicher Notfallplan im Internet aufgetaucht. Jetzt schlägt die Bundespolizeigewerkschaft Alarm: Der Fehler stecke im System.

 Sicherheitskräfte der Polizei stehen am Flughafen Köln/Bonn.

Sicherheitskräfte der Polizei stehen am Flughafen Köln/Bonn.

Foto: dpa, hk gfh

Der Flughafen Köln/Bonn muss sich beim Thema Sicherheit derzeit Kritik gefallen lassen. Recherchen des ZDF ergaben, dass ein 230-seitiger Notfallplan über Monate auf der Internetseite des Flughafens einsehbar war. Wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass Kontrolleure der EU im Februar massive Sicherheitslücken bei der Fluggastkontrolle aufgedeckt hatten.

Für die Datenpanne und das öffentlich zugänglich gemachte Dokument sei kein Sicherheitsdienst, sondern der Flughafenbetreiber zuständig, sagt Ernst Walter, Luftsicherheitsexperte und Chef der Bundespolizeigewerkschaft (BpolG). Der Betreiber will nun genau prüfen, wie das Dokument ins Internet gelangen konnte. Für die BpolG stellt ein solcher Vorfall eine große Sicherheitslücke dar, auch wenn es sich laut einer Mitteilung des Flughafens lediglich um einen Auszug des Notfallplans gehandelt habe, der "allgemeine Informationen beinhaltete", jedoch keine sensiblen Daten.

Doch das reiche schon aus, sagt Walter: "Es müssen ja nicht gleich irgendwelche Geheimnisse sein, ein Lageplan über Flucht- und Rettungswege kann Terroristen schon ausreichen." Natürlich gebe es Verhaltensregeln, die auch die Mieter im Flughafen kennen müssen. Das Internet sei aber kein Ort für so ein Dokument. "So etwas darf nur an diejenigen gehen, die es wirklich wissen müssen, nicht an die Öffentlichkeit." Das Bundesverkehrsministerium müsse nun klären, wie es zur Datenpanne kommen konnte. Der Flughafen hat das Dokument inzwischen von seinen Servern entfernt.

Einen Notfallplan gibt es auch am Airport Düsseldorf. Er sei im Intranet allen Mitarbeitern zugänglich, sagte der Düsseldorfer Flughafensprecher Christian Hinkel. "Diese Pläne sind dafür gedacht, dass im Ernstfall alle wissen, was man zu tun hat." Sensible Inhalte seien darin aber nicht enthalten.

Es ist nicht die erste Panne am Flughafen Köln/Bonn in diesem Jahr. Bei sogenannten offenen Tests von EU-Kontrolleuren wurden im Februar neun von zwölf verbotenen Gegenständen vom Sicherheitspersonal nicht entdeckt, darunter Waffen oder Bombenbauteile. Für die BpolG eine unzumutbare Situation. "Die Luftsicherheitskontrollen dienen der Terrorabwehr. Daher fordern wir bereits seit Jahren, dass diese Aufgabe in die staatliche Hand zurückgeht und nicht an private Sicherheitsfirmen", sagt Walter.

"Wir haben schon lange die Befürchtung, jedoch nicht die Beweise, dass hier auf Kosten der Sicherheit gespart wird." Der Dienstleister, der für die Sicherheit am Flughafen Köln/Bonn und auch in Düsseldorf zuständig ist, müsse sich fragen, ob er nicht sein Handeln grundlegend überdenken müsse.

Die Kontrolle der Luftsicherheit gehört zu den hoheitlichen Aufgaben und damit eigentlich in die Hand der Bundespolizei. Für die seien allerdings private Firmen tätig, sagt Walter. "Wir haben zwar die Fachaufsicht, nicht aber die Dienstaufsicht." Das bedeutet, die Bundespolizei kann nicht überprüfen, ob erforderliche Aus- oder Fortbildungen tatsächlich stattfinden.

Darüber hinaus sei die Beauftragung privater Firmen ein Nährboden für Sicherheitslücken, erklärt Walter. Denn alle vier Jahre müssen sich diese neu für den Auftrag bewerben. Zudem gebe es innerhalb dieser Firmen eine hohe Fluktuation. Das Personal bekommt durch Schulungen exakte Einblicke in das Sicherheitskonzept eines Flughafens. "In den Fortbildungen werden den Kontrolleuren spezielle Regeln zur Terrorabwehr erläutert. Das sind sensible Informationen, die nicht einfach in die Öffentlichkeit getragen werden dürfen." Doch wechselt die Firma, nehmen die Mitarbeiter auch ihr Wissen mit.

Die Gewerkschaft Verdi bemängelt ebenfalls, dass das Sicherheitspersonal am Flughafen Köln/Bonn unterbesetzt und nicht ausreichend geschult sei. Es fehlten rund 40 bis 45 Mitarbeiter, sagte der Verdi-Sekretär Özay Tarim dem "Bonner Generalanzeiger". Ende 2015 seien 200 Mitarbeiter nicht ausreichend geschult gewesen. Das bedeutet, dass sie nicht überall eingesetzt werden können. Kurzerhand habe der private Sicherheitsdienst zusätzliche Schulungen organisiert — und diese sollten nachts stattfinden. "Das ist nicht zu verantworten", sagt Walter.

Einzig in Bayern ist die Flughafensicherheit anders geregelt als im Rest Deutschlands. "Die haben diese Probleme nicht", sagt Walter. Dort übernimmt die Sicherheitsgesellschaft München (SGM) die Kontrollaufgaben am Flughafen — eine Tochtergesellschaft des Freistaates Bayern, die von den Luftämtern kontrolliert wird, erklärt Walter.

Genau das fordert die Bundespolizeigewerkschaft auch für die anderen Bundesländer. Ziel sei nicht, dass wieder mehr Bundespolizisten an den Flughäfen tätig sind. "Wir brauchen feste Tarifangestellte, deren Ausbildung und Zertifizierung die Bundespolizei übernimmt", sagt Walter. Nur so könne gewährleistet werden, dass das Sicherheitspersonal vernünftig ausgebildet ist und dass sensible Informationen nicht durch eine hohe Mitarbeiterfluktuation nach Außen dringen können.

(jnar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort