Schwimmbad-Verbot für Flüchtlinge in Bornheim Flüchtlingsrat NRW: "Das ist eine diskriminierende Maßnahme und empörend"

Bornheim/Netphen · Die Stadt Bornheim bei Bonn verbietet männlichen Flüchtlingen, das städtische Hallenbad zu nutzen. Grund sind Beschwerden über sexuelle Belästigungen. Das Verbot soll bis nächste Woche gelten. Auch in Netphen gab es Beschwerden – mit einer anderen Reaktion.

 Das Schwimmbad in Bornheim.

Das Schwimmbad in Bornheim.

Foto: dpa, hk fdt

Die Stadt Bornheim bei Bonn verbietet männlichen Flüchtlingen, das städtische Hallenbad zu nutzen. Grund sind Beschwerden über sexuelle Belästigungen. Das Verbot soll bis nächste Woche gelten. Auch in Netphen gab es Beschwerden — mit einer anderen Reaktion.

Es ist eine Entscheidung, die polarisiert: In Bornheim bei Bonn dürfen männliche Flüchtlinge ab sofort nicht mehr ins städtische Hallenbad. Das hat die Stadt so entschieden, weil sich immer mehr Besucherinnen und Angestellte über sexuelle Belästigungen durch Männer aus einer nahe gelegenen Asylbewerberunterkunft beschwert hätten, sagt Sozialdezernent Markus Schnapka. Dabei wird den Migranten nicht vorgeworfen, Frauen angefasst zu haben. Vielmehr gehe es um verbale Beleidigungen. Es "habe sich nicht um Straftaten gehandelt", heißt es vonseiten der Stadt Bornheim.

Statt lediglich die Übeltäter des Bades zu verweisen, holt die Stadt zum Rundumschlag aus und verweigert gleich allen männlichen Flüchtlingen den Zutritt — als eine Art Erziehungsmaßnahme. "Sobald wir von den Sozialdiensten die Mitteilung bekommen, dass die Botschaft angekommen ist, beenden wir diese Maßnahme wieder", sagte Schnapka. Das Verbot solle in der nächsten Woche wieder aufgehoben werden, erklärte Bürgermeister Wolfgang Henseler gegenüber dem Bonner "General-Anzeiger". Es sei bei den Bewohnern der Unterkunft durchaus auf Verständnis gestoßen. Schnapka wolle nun persönlich "Infotage" in Flüchtlingsunterkünften durchführen, um über das Frauenbild in Deutschland aufklären.

Der Flüchtlingsrat NRW verurteilt das Vorgehen der Stadt. Es sei empörend und diskriminierend, sagt die Geschäftsführerin, Birgit Naujoks. "Es ist in Ordnung, Störer gezielt fernzuhalten. Aber es darf nicht pauschal eine ganze Gruppe treffen." Sie bezeichnet den Schritt der Stadt als diskriminierende Maßnahme.

In Netphen im Kreis Siegen-Wittgenstein hatte es einen ähnlichen Fall gegeben. Im dortigen Freizeitbad habe eine Gruppe Flüchtlinge zunächst für Unruhe gesorgt. "Die diensthabende Aufsichtskraft hat die Gruppe mehrfach zur Ordnung rufen müssen. Dabei musste sie teilweise recht deutlich werden, da sie als Frau nicht respektiert wurde", erzählt Geschäftsführer Bernd Wiezorek. Während des Aquacycling-Kurses habe sich dann ein Teil der Gruppe so im Bad positioniert, "dass sie die Damen beim Sport begaffen konnten", sagt Wiezorek. "Eine sexuelle Erregung war bei den Männern offensichtlich deutlich erkennbar."

Als Reaktion auf diesen Vorfall wurde die Gruppe des Bades verwiesen. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf. "Es haben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine Straftat seitens der Migranten ergeben", erklärt ein Sprecher der Polizei der Kreisbehörde Siegen-Wittgenstein. Es konnten lediglich Verstöße gegen die Baderegeln festgestellt werden, jedoch keine sexuelle Belästigung. Zeuginnen hätten sich bislang nicht gemeldet.

Als Konsequenz auf den Vorfall hat der Geschäftsführer des Freizeitparks Netphen nun einen Sicherheitsdienst eingestellt — nicht, weil Wiezorek damit rechne, dass sich Ähnliches wiederholen könnte, sondern um die Gäste zu beruhigen. "Ich würde jedoch nie generell männlichen Flüchtlingen den Zutritt verwehren", sagt er. "Das käme einer Vorverurteilung gleich. Ich kann niemandem ansehen, ob er ein Gaffer ist."

Im Schwimmbad komme es "immer wieder mal vor, dass gerade Gruppen über die Stränge schlagen und zu Recht gewiesen werden müssen" — also auch Männer ohne Migrationshintergrund.

Das Sperren von Schwimmbädern für Flüchtlinge lässt sich nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen juristisch kaum halten und in der Praxis nicht durchsetzen. Ein Zutrittsverbot wie es die Stadt bei Bonn jetzt praktiziert, lehne der Verband ab, sagte dessen Sprecher Joachim Heuser, am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.

Möglichen Problemen mit männlichen Flüchtlingen, die in Bornheim zu dem ungewöhnlichen Schritt geführt hatten, will die Gesellschaft durch klare Verhaltenshinweise vorbeugen. Die bereits bestehenden und in den Bädern aushängenden Sicherheitstipps würden ergänzt, kündigte der Sprecher der Gesellschaft an. In vielen Sprachen solle darauf hingewiesen werden, dass auch im Schwimmbad die Würde und die Persönlichkeitsrechte von Frauen und Männern geachtet werden müssen und vor allem körperliche Berührungen oder mündliche Anspielungen untersagt sind.

Inakzeptabel nennt der Verein "Refugees welcome Bonn" das Verbot. "Das ist eine Kollektivbestrafung. Die Übeltäter gehören einzeln verwiesen", sagt Vorstandsmitglied Benjamin Kowitzke. "Sexismus ist ein gesellschaftliches Problem, das auch einen kulturellen Hintergrund haben kann. Es ist aber nicht die Kultur des Flüchtlings."

In den sozialen Netzwerken kocht die Diskussion darüber, ob die Stadt Bornheim richtig oder übertrieben reagiert, über — gerade vor dem Hintergrund, dass die Übergriffe von Köln noch immer sehr präsent sind.

Kritik an der Stadt gibt es etwa von diesem Twitter-Nutzer:

Ein generelles Verbot wie nun in Bornheim sei der falsche Ansatz, schreibt dieser Nutzer:

Ein Vorschlag:

Doch die Stadt erhält auch Zuspruch:

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