Internet-Portal "Gartenpaten" Biete Garten, suche Helfer

DÜsseldorf/Meerbusch · Sylvia Hinze aus Meerbusch besitzt einen Garten, der ihr über den Kopf wächst. So wie ihr geht es vielen. Das Portal "Gartenpaten" bringt daher Menschen, die gärtnern wollen, mit denen zusammen, die ihren Garten teilen möchten.

 Sylvia Hinze aus Meerbusch in ihrem Garten, der inzwischen verwildert ist. Die Heilpraktikerin findet keine Zeit mehr für die Gartenpflege und sucht daher über das Internetportal "Gartenpaten" Helfer, die keinen eigenen Garten haben, aber trotzdem gerne gärtnern würden.

Sylvia Hinze aus Meerbusch in ihrem Garten, der inzwischen verwildert ist. Die Heilpraktikerin findet keine Zeit mehr für die Gartenpflege und sucht daher über das Internetportal "Gartenpaten" Helfer, die keinen eigenen Garten haben, aber trotzdem gerne gärtnern würden.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

800 Quadratmeter groß ist das grüne Reich hinter Sylvia Hinzes Haus in Meerbusch. Im Jahr 2002 kaufte sie mit ihrem damaligen Mann das Grundstück, im Garten wuchsen bereits etliche Obstbäume. Hinze war glücklich, konnte im Garten nach Lust und Laune werkeln, Heilkräuter pflanzen, Obst ernten. 20 Stunden pro Woche investierte sie früher in die Pflege ihres eigenen Stücks Natur.

"Inzwischen ist alles verwildert"

Doch inzwischen ist die 49-Jährige geschieden, muss ihren Lebensunterhalt wieder alleine verdienen. Sie arbeitet als Heilpraktikerin, kümmert sich nebenbei noch ums Haus. Zeit für den Garten bleibt da praktisch keine mehr: "Ich habe im Garten überhaupt nichts mehr im Griff, da ist inzwischen alles verwildert. Er ist einfach zu groß, alleine schaffe ich das nicht." Deswegen aber das Haus zu verkaufen, kommt für sie nicht in Frage.

Daher sucht sich Hinze lieber Hilfe im Internet. Auf der Plattform "gartenpaten.org" hat sie ihren Garten "inseriert", sucht über das Portal Menschen, die ihr zur Hand gehen und helfen, die inzwischen verwucherten 800 Quadratmeter wieder in Schuss zu bringen. Als Gegenleistung bietet sie an, die Helfer an der Obsternte zu beteiligen. "Ich habe Apfel-, Pflaumen-, Pfirsich- und Walnussbäume - da fällt allerhand ab. Zusätzlich bekommen die Helfer eine kleine, eigene Parzelle, in der sie tun und lassen können, was sie wollen", sagt Sylvia Hinze.

Junge Erwachsene suchen Ruhe, Erholung, Ausgleich

So wie ihr geht es inzwischen vielen Gartenbesitzern. Vor allem ältere Menschen bekommen die Gartenpflege alleine nicht mehr gestemmt. An diesem Punkt setzt das Portal "Gartenpaten" an: Es bringt diejenigen, die einen Garten besitzen, mit Menschen zusammen, die gerne gärtnern, aber keinen Garten ihr Eigen nennen können. Das Start-up aus dem baden-württembergischen Freiburg will nach eigener Aussage Menschen unterschiedlicher Generationen und Herkünfte zusammenführen. Und ein neues Lebensgefühl junger Erwachsener bedienen. Denn diese Generation suche Ruhe, Erholung, Ausgleich - der Rückzug ins Private ist laut "Bundesverband Deutscher Gartenfreunde" wieder wichtiger geworden als Erlebniskonsum. Spießig ist das neue Cool.

Laut Bundeslandwirtschaftsministerium waren im Jahr 2013 15 Millionen deutsche Haushalte mit einen Garten ausgestattet. Zudem hat eine Befragung des Landesverbands "Haus und Grund Rheinland" im vergangenen Jahr ergeben, dass 62 Prozent aller Haushalte in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf über einen Balkon und 32 Prozent der Eigentümer über eine Terrasse verfügen- zumindest ein Hinweis darauf, dass auch ein Garten dazugehört. Der neue Wunsch nach Gartengrün erscheint logisch, schließlich prägt er bewusst und unbewusst die Vorstellungen einer menschenfreundlichen Umwelt. Mit der Arbeit im Garten geht die Dienstleistungsgesellschaft einen Schritt zurück zu den Wurzeln des Handwerklichen. Diese Ideologie lässt auch die verpönten Kleingartenvereine jubeln - auch sie können sich vor lauter Mitgliedsanfragen derzeit kaum noch retten.

"Tolle Idee für ältere Leute"

Diesen Boom wollte auch Petra Seeberg aus Hilden nutzen. Für den Garten ihrer Mutter in Haan suchte sie ebenfalls Gartenpaten. "Ein riesengroßer Garten im Tannenwäldchen mit vielen Obstbäumen. Mein Vater war Konditor und hat dort die Früchte für seine Kuchen angebaut", erzählt die 59-Jährige. Auf ihr Inserat hatten sich dann auch Interessenten gemeldet - die letztlich aber doch abgesprungen sind. Inzwischen hat sie den elterlichen Garten privat verpachtet. Dennoch ist sie vom "Gartenpaten"-Konzept überzeugt: "Das ist eine tolle Idee für ältere Leute, die es körperlich nicht mehr schaffen. Außerdem lernen sie so vielleicht auch jüngere Menschen kennen."

Diese Motivation verfolgt Sylvia Hinze derweil nicht. Sie braucht einfach nur tatkräftige Unterstützung. Doch auf ihr Gesuch habe sich nach ihrer Aussage bislang noch niemand gemeldet. "Vielleicht ist Meerbusch dafür auch nicht das richtige Pflaster, denn schließlich haben hier sehr viele Menschen ihren eigenen Garten, um den sie sich kümmern müssen", sagt die 49-Jährige. Die Hoffnung, in naher Zukunft doch noch jemanden zu finden, der ihren Garten mit ihr teilen möchte, hat sie aber nicht aufgegeben. "Ich versuche einfach, Gleichgesinnte zu finden, die ebenso viel Spaß am Gärtnern haben wie ich - aber eben auch mehr Zeit dafür."

(RP)
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