Apotheker aus Bottrop Gepanschte Medikamente wurden offenbar mehreren Patienten verschrieben

Hamburg · Mehr Menschen als bisher bekannt haben möglicherweise die falsch dosierten Krebsmedikamente eingenommen, die ein Bottroper Apotheker in Umlauf gebracht haben soll. Laut einem Medienbericht könnten es mehrere Tausend Patienten in sechs Bundesländern gewesen sein.

 Die Tür einer Apotheke (Symbolbild).

Die Tür einer Apotheke (Symbolbild).

Foto: dpa, Uli Deck

Sie erhielten dem Medienbericht zufolge über Jahre hinweg teils wirkungslose Arzneien. Ein Großteil der Betroffenen ist darüber noch nicht informiert, berichten das NDR-Magazin "Panorama" und das Recherchezentrum "correctiv". Die Gesundheitsbehörden hätten sich darauf verlassen, dass die Ärzte und Kliniken die mutmaßlich betroffenen Patienten unterrichten.

Wie die verantwortliche Staatsanwaltschaft in Essen dem Bericht zufolge bestätigte, gehen die Ermittler bundesweit von rund 3700 Betroffenen aus. 37 Arztpraxen und Kliniken seien demnach in den vergangenen fünf Jahren von dem Bottroper Apotheker mit falsch dosierten Krebsmedikamenten beliefert worden - die meisten davon in Nordrhein-Westfalen. Es habe allerdings auch Abnehmer in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Saarland, Sachsen und Niedersachsen gegeben.

Die Staatsanwaltschaft hat bislang aber nur den Abrechnungszeitraum der vergangenen fünf Jahre ausgewertet, der für eine Anklage wegen Abrechnungsbetrug relevant ist. Fälle aus der Zeit davor wären strafrechtlich verjährt. Nach Recherchen von "Panorama" und "correctiv" könnte die Zahl der mutmaßlich betroffenen Patienten weit größer sein: Seit 2005 habe der Apotheker mehr als 7300 Menschen mit den 49 Wirkstoffen beliefert, die sich derzeit auf der Liste der manipulierten Wirkstoffe des Bottroper Gesundheitsamtes finden.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte im Interview mit "Panorama", die Dimensionen des Falles seien ihm nicht bekannt gewesen. "Wir werden uns jetzt sofort darum kümmern, dass wir an die Adressen dieser Menschen kommen und dann werden sie selbstverständlich informiert", sagte Laumann. "Wenn die Behörden die Ärzte und Krankenhäuser, die die Medikamente verabreichten, informiert haben, dann ist es auch deren Aufgabe, ihre Patientinnen und Patienten zu informieren. Ich finde, das ist für einen Behandler schlicht die Pflicht, dieses zu tun."

Der Bottroper Apotheker war im November vergangenen Jahres festgenommen worden. Die Buchhaltung des Apothekers war ein deutliches Indiz für Unregelmäßigkeiten. Sie zeigte, dass deutlich weniger Medikamente eingekauft als verkauft wurden - bei einzelnen Medikamenten wurde nur ein Fünftel des Wirkstoffes eingekauft, den die Patienten eigentlich erhalten sollten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Apotheker aus Bottrop vor, über Jahre Chemotherapien und Antikörper-Infusionen für Krebspatienten zu niedrig dosiert und sogar Therapiebeutel gänzlich ohne Wirkstoff ausgeliefert zu haben. Dadurch haben tausende Krebspatienten vermutlich wirkungslose Medikamente bekommen und sind so zu Schaden gekommen.

(lsa)
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