Immer weniger Hasen und Fasane Am Niederrhein stirbt das Wild

Düsseldorf · Jäger und Naturschützer schlagen Alarm: Die Zahl der Fasane und Hasen hat sich dramatisch verringert. Eine Ursache ist der Wegfall von Brachflächen in der Landwirtschaft.

 Hasen werden am Niederrhein immer seltener.

Hasen werden am Niederrhein immer seltener.

Foto: Busch

Die Zahl der Fasane und Hasen in Nordrhein-Westfalen ist dramatisch zurückgegangen. Jäger und Naturschützer sprechen bereits von einer Katastrophe. Biologen beobachten seit vielen Jahren einen schleichenden Rückgang des sogenannten Niederwildbestands, also von Hasen, Fasanen, Rebhühnern und Tauben. 1977 schossen die Jäger in NRW noch mehr als 200.000 Fasane. Im vergangenen Jagdjahr waren es nur noch weniger als 60.000, ein Rückgang um 26.000 gegenüber dem Vorjahr.

Im laufenden Jahr habe sich die Lage noch einmal verschärft, auch wenn noch keine amtlichen Zahlen vorliegen. Die Verbandszeitung des Landesjagdverbandes hat eine Blitzumfrage unter den Kreisverbänden durchgeführt. Die Mehrheit der örtlichen Jäger meldete unisono Rückgänge. So berichtete die Kreisjägerschaft Neuss von einem "neuen erheblichen Einbruch". Gleiches meldeten die Jäger im Kreis Viersen und in etlichen Gemeinden am Niederrhein und im Münsterland. In vielen Revieren wurden die Treibjagden wegen Wildmangels abgesagt. Ralph Müller-Schallenberg, Präsident der NRW-Jäger, schlägt Alarm: "Ich bin seit 35 Jahren Jäger, aber einen so drastischen Rückgang habe ich noch nicht erlebt", sagte er und warnte vor "einem Totalverlust des Niederwildes".

Die landeseigene Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung bestätigte die Beobachtungen. "Der Rückgang begann 2008 und ist bis heute für den Fasan dramatischer und über die Fläche einheitlicher als beim Feldhasen", sagte Wissenschaftler Thomas Gehle, der das Phänomen seit Jahren verfolgt. Das Ausmaß sei schlimmer als der Rückgang Mitte der 90er Jahre, den man damals auf schlechte Witterung zurückführte.

Auch Naturschützer teilen die Sorge der Jäger und bestätigen den Rückgang der Wildtiere: "Wir haben den Verdacht, dass der Einsatz von Insektiziden eine Rolle spielt", sagte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des Naturschutzbundes NRW. "An einer zu intensiven Bejagung liegt es nicht — die Jäger schießen ja bereits viel seltener Fasane."

Ein Sprecher des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz führte den Rückgang auf fehlende Brachflächen in der Landwirtschaft zurück. Mittlerweile würden fast alle Felder in Nordrhein-Westfalen dazu genutzt, um die Energiepflanzen Mais und Raps anzubauen, die zur Herstellung von Biogas und Biosprit dienen. Dadurch gebe es keine Rückzugsflächen für die bedrohten Wildtiere mehr. Norwich Rüße, jagdpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, erklärte, letztlich sei eine umweltgerechtere Landwirtschaft die beste Gegenmaßnahme bei zurückgehenden Wildbeständen. In der Forschung werde auch darüber diskutiert, ob die Gärreste aus den Biogasanlagen, die als Dünger aufgetragen werden, möglicherweise giftige Sporen enthielten.

Der FDP-Politiker Karlheinz Busen forderte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) auf, eine Studie über den Einfluss der Wildverluste durch Erntemaschinen auf die Fasan- und Feldhasenpopulationen in Auftrag zu geben. Reiner Deppe, jagdpolitischer Sprecher der Union im Landtag, wies darauf hin, dass die Einschränkungen bei der Jagd auf die Feinde der bedrohten Wildtiere (wie zum Beispiel Krähen) für die Entwicklung mitverantwortlich seien.

Der Rheinische Landwirtschafts-Verband erklärte, die Ursachen lägen auch außerhalb der Landwirtschaft. Eine Sprecherin forderte die Landesregierung auf, das Ungleichgewicht zwischen den Beutemachern und den Wildtieren durch ein Monitoring zu überprüfen.

(RP)
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