Staatsanwaltschaft Essen Mädchen starb an seltenem Herzleiden

Kevelaer · Die Ärzte haben bei der Achtjährigen aus Kevelaer eine sogenannte Rhabdomyolyse diagnostiziert. Dabei zersetzt sich der Herzmuskel, möglicherweise verstärkt durch einen Gen-Defekt. Zwei Schwestern sind in einer Spezialklinik.

Die Staatsanwaltschaft Essen hat gestern bestätigt, dass eine Erkrankung am Herzen zum Tod des Mädchens aus Kevelaer geführt hat. "Es hat eine Zersetzung des Herzmuskels stattgefunden", erläuterte Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens. Die Ärzte hätten eine so genannte Rhabdomyolyse diagnostiziert. Die habe zu einem "Gewebeuntergang" geführt, so die Staatsanwältin. Rhabdomyolyse bedeutet "plötzliche Muskelauflösung" und beschreibt den Verfall von Muskelgewebe.

Das achtjährige Mädchen war wie berichtet mit starken Grippesymptomen ins Krankenhaus nach Geldern eingeliefert worden. Als sich der Zustand verschlechterte, kam es in die Uniklinik nach Essen. Dort starb es am Sonntagabend. Die Ärzte des Hospitals informierten die Polizei, die ein Todesermittlungsverfahren einleitete. Auch die fünf Geschwister zeigten die gleichen Symptome wie das verstorbene Kind. Bei dreien war die Erkrankung so heftig, dass sie ebenfalls in die Uniklinik eingewiesen wurden.

Die Ursache für die Rhabomyolyse sei offen. Noch kenne man den Auslöser nicht. Die Muskelzersetzung des Herzens könne durch den Virus verursacht worden sein. "Es ist aber ungewöhnlich, dass ein Grippevirus alleine zum Tode führt", sagt Birgit Jürgens. Jetzt sollen umfangreiche Untersuchungen folgen. Vorsorglich wurden toxikologische, virologische, mikrobiologische und histologische (feingewebliche) Gutachten angeordnet. Es gebe aber keinen konkreten Verdacht.

Ursache einer solchen Muskelauflösung kann ein genetischer Defekt sein, der zur unbemerkten Veränderung der Muskulatur führt. Die Veranlagung zu dieser Erkrankung sei im Vorfeld so gut wie nicht zu erkennen - auch nicht für die behandelnden Ärzte, so Professor Peter Young, Klinikdirektor für Schlafmedizin und neuromuskuläre Erkrankungen der Uni Münster. Eben das sei das Fatale. Äußere Faktoren werden betroffenen Menschen dann zum Verhängnis. Das können starke körperliche Anstrengung oder ein grippaler Infekt sein. Ganz selten komme es auch vor, dass spezielle Viren diese Erkrankung auslösen. Dass in dem Fall von Kevelaer alle Kinder der Familie erkrankt seien, spreche aber eher für die genetische, bislang nicht erkennbare Veränderung.

Dieser Gendefekt sei selten. Auf etwa 10.000 Menschen komme ein Fall. Daher sei er auch nicht Gegenstand von Vorsorgeuntersuchungen. Es komme immer wieder vor, dass Leistungssportler betroffen sind. Deren Fälle sorgen für viel Aufsehen: Sportler sterben, ohne dass eine Vorerkrankung bekannt wäre. Das intensive Training kann in solchen Fällen entweder einen plötzlichen Herztod oder eine Rhabdomyolyse auslösen. Diese kann zu Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen führen.

Laut Robert Koch-Institut ist es bei der Influenza durchaus möglich, dass es zu einer solchen schweren Herzerkrankung kommt. Herzschäden nach schweren Grippeverläufen beobachte man immer wieder, so Susanne Glasmacher, Sprecherin des Robert Koch-Instituts. Durchaus denkbar sei, dass bei schweren Fällen eine erbliche Veranlagung die Ursache sein könnte.

Eben das wurde auch bei dem Mädchen vermutet. Weitere Untersuchungen sollen zeigen, ob eine entsprechende Veranlagung bei der Achtjährigen vorlag, so die Staatsanwältin. Alle fünf Geschwister des Mädchens waren ebenfalls erkrankt. Zwei Kindern gehe es aber inzwischen wieder so gut, dass sie das Krankenhaus verlassen konnten. Sie haben kein Fieber mehr und sollen mit ihrer Mutter wieder nach Hause zurückgekehrt sein.

Weiter stationär behandelt werden die drei Geschwister, die am Sonntag in der Uniklinik Essen eingeliefert worden waren. Die beiden Schwestern sind inzwischen nach Hannover verlegt worden, weil es im dortigen Krankenhaus bessere Möglichkeiten zur Behandlung von Kindern in solchen Fällen gebe. Ihr Zustand sei ernst. Dem neunjährigen Bruder gehe es dagegen schon etwas besser, so die Staatsanwältin. Es sei wahrscheinlich, dass auch die drei Geschwister an einer Rhabdomyolyse leiden.

(RP)
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