Hinterbliebene fordern Strafprozess Loveparade - Immer noch Streit statt Aufarbeitung

Duisburg/Düsseldorf · Die Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten jährt sich am Sonntag zum sechsten Mal - das juristische Tauziehen ist jedoch noch nicht vorbei. Die Hinterbliebenen haben mehr als 350.000 Unterschriften für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gesammelt.

Loveparade-Katastrophe: Gedenkfeier zum fünften Jahrestag
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Gedenkfeier zum fünften Jahrestag der Loveparade-Katastrophe

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Foto: dpa, mku kno

Das Medienaufgebot vor dem Oberlandesgericht am Düsseldorfer Rheinufer wird am Montag groß sein: Gabriele Müller, die 2010 bei der Duisburger Loveparade ihren Sohn verlor, wird dem Gericht 350.000 Unterschriften überreichen. Der Massenprotest, der sich im Internet formiert hat, richtet sich gegen die Entscheidung des Landgerichts Duisburg, keinen Strafprozess gegen Verantwortliche der Loveparade zu eröffnen. "Das war für mich, als wäre mein Sohn ein zweites Mal gestorben", so Müller, die als Nebenkläger auftritt, zu ihren Anwälten der Kanzlei Baum-Reiter.

Gabriele Müllers Sohn Christian gehört zu den 21 Todesopfern der Techno-Party, die in einer Katastrophe endete. Weit über 600 Besucher wurden im Gedränge der Massenpanik zum Teil schwer verletzt. Doch noch immer ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Nach langen, möglicherweise zu langen Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg zwar im Februar 2014 Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und vier Beschäftigte des Loveparade-Veranstalters "Lopavent" erhoben. Die Anklageschrift, die sich hauptsächlich auf das umstrittene Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still stützte, erschien dem Landgericht aber "nicht verwertbar". Außerdem hält es Still für befangen. Im März dieses Jahres machten die Richter deutlich, dass es auf dieser Basis keinen Prozess geben könne.

Für die Hinterbliebenen der Opfer und die Verletzten musste diese Entscheidung wie ein Schlag ins Gesicht gewirkt haben. Allerdings geben sie die Hoffnung nicht auf, dass den Verantwortlichen doch noch der Prozess gemacht wird. Die Duisburger Staatsanwaltschaft, die beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts eingelegt hat, hat inzwischen bei dem Verkehrsexperten Jürgen Gerlach (Universität Wuppertal) ein neues Gutachten zu den Ursachen der Katastrophe in Auftrag gegeben.

Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes, der den Vater eines bei der Loveparade getöteten Mädchens vertritt, kritisiert jedoch die Beauftragung: Abgesehen davon, ob die Staatsanwaltschaft "zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Verfahrens überhaupt ein solches Gutachten in Auftrag geben kann", erscheine Gerlach "als nicht geeignet für dieses Verfahren, da er sich schwerpunktmäßig mit Straßenverkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik beschäftigt". Es bestehe somit die Gefahr, dass auch dessen Gutachten vom Gericht nicht anerkannt werde.

Sechs Jahre nach der Loveparade dauert das juristische Tauziehen unvermindert an.

(hüw)
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