Köln Vier Premieren und ein Todesfall

Köln · Erstmals in der Geschichte der "Lindenstraße" wurde eine Folge live gesendet. Das gelang ohne größere Pannen. Für Aufregung sorgte die Nachricht, dass es einen Toten geben würde: Erich Schiller (Mockridge) scheidet nach 24 Jahren aus.

Lindenstraße: Backstage-Fotos von der Jubiläumsfolge
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Fotos vom Set der "Lindenstraße"-Jubiläumsfolge

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Foto: Laura Ihme

So ist das in der "Lindenstraße": keine Freude ohne Leid. Millionen Fans hatten der Livesendung zum 30. Seriengeburtstag entgegengefiebert, und ausgerechnet in dieser "Lindenstraßen"-Premiere mussten sie sich von einer liebgewonnenen Figur verabschieden: Erich Schiller ist tot. Auch wenn der aufgebahrte Schauspieler Bill Mockridge sichtbar heftig atmete: Der zweite Mann von Mutter Beimer (Marie-Luise Marjan) ist nach 24 Serienjahren von ihr gegangen.

Premiere eins Zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte der ARD-Serie ist gestern Abend eine Folge live ausgestrahlt worden. Doch die Nachricht, dass Bill Mockridge und seine Figur Erich Schiller ausscheiden würden, stellte den Rest der Live-Folge in den Schatten. Die Fans überschlugen sich mit ihren Kommentaren in den sozialen Netzwerken. Schon vor der Ausstrahlung hatte es Wirbel gegeben, weil bekannt geworden war, dass es in der Folge einen Toten geben würde. Immer wenn eine beliebte Figur sterbe, sei das mit Protesten der Zuschauer verbunden, sagte Moderator Thorsten Schorn, bevor klar war, um wen es sich handeln sollte.

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"Lindenstraße" – Bilder von damals und heute

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Foto: dpa, ve lof sab hjb

So richtig überraschend aber kam der Todesfall für Insider nicht: Für seine Art ungewöhnlich direkt und kämpferisch hatte er vorigen Sonntag Partei für die ergriffen, die sich gegen Angelinas Hausverkaufspläne stellen. Und unwillkürlich fragte man sich da, ob soviel Kampfeslust sich mit seinem transplantierten Herzen auf Dauer vertragen würde. Dass nun anscheinend jemand heimtückisch nachgeholfen hat, lässt Erich aber dann doch auf bislang einzigartige Weise ausscheiden: Nie zuvor hat es einen Mord an einer aktiven Rolle gegeben. (Einzige Ausnahme: der gewaltsame Tod des kleinen Max - der war da aber schon nur noch gelegentlicher Gast in der "Lindenstraße").

Der Abschied von Bill Mockridge ist aber offenbar alles andere als freiwillig: "Das hat die Produktion entschieden, und ich gehe äußerst ungern. Ich wäre sehr gerne bei meiner zweiten Familie geblieben", sagte der Schauspieler später. Die "Lindenstraße" werde er jetzt jeden Sonntag um 18.50 Uhr - wie im Schnitt 2,5 Millionen Menschen - vor dem Fernseher verfolgen.

Eine Woche lang hatte sich das Team auf die Episode 1559 vorbereitet, normalerweise wird eine Folge der "Lindenstraße" innerhalb von vier Tagen abgedreht. Aber: Das Drehbuch musste umgeschrieben werden, denn es war zuvor von den Autoren Irene Fischer und Michael Meisheit für eine "normale" Sendung konzipiert worden. An der Folge wirkten inklusive Komparsen 180 Leute mit. In der vergangenen Woche war eine Menge schiefgegangen: "Es gab keinen Durchlauf, bei dem nicht jemand im Hintergrund durchs Bild gelaufen ist oder eine Kamera oder ein Mikrofon zu sehen war", sagte Produzentin Hana Geißendörfer. Alle Schauspieler - aktuell zählen 34 Erwachsene zum Ensemble - waren in der Folge zu sehen. Die Kinder spielten wegen der späten Uhrzeit nicht mit.

Bespielt wurden sechs Sets, zwölf Kameras waren im Einsatz. Teilweise blieben den Schauspielern nur zwei Minuten Zeit, um von einem Ort zum anderen zu hetzen. Doch das merkte der Zuschauer am Bildschirm kaum. Hochprofessionell agierten die Darsteller - es gab keine Texthänger - und die Bild- und Tonregie war gut abgestimmt. Zu Beginn enthüllte Moderator Thorsten Schorn, dass am Set längst nicht alles so ist, wie es dem Zuschauer suggeriert wird. So gibt es hinter der Eingangstür von Hausnummer drei gar kein Treppenhaus, und wer aus den Zimmern rausgeht, der steht nicht auf der Lindenstraße, sondern in einem leeren Raum.

Premiere zwei Die Titelmelodie und die komplette Filmmusik kam dieses Mal nicht vom Band, sondern wurde live auf der Mundharmonika und dem Klavier gespielt vom Erfinder der Serie Hans W. Geißendörfer und dem Komponisten Jürgen Knieper. "Großartig üben musste ich das nicht. Schon vor 35 Jahren war ich es nämlich, der die Mundharmonika für die Titelmelodie eingespielt hat", sagte Geißendörfer. Die Mundharmonika habe er gewählt, weil es das volkstümlichste Musikinstrument sei und somit zum Tenor der "Lindenstraße" passe.

Premiere drei Aktuelle Tageszeitungen und Nachrichtensendungen wurden eingebettet. Beim Frühstück von Iffi, Momo und Nico lief Radio - doch der Moderator sagte passend zur Sendezeit 19 Uhr - und ignorierte dabei völlig, dass in der Lindenstraße gerade Frühstückszeit war. Das war aber auch schon einer von nur ganz wenigen Fehlern in den 40 Minuten Sendezeit. Eine weitere Panne, die trotz aller Trauer um die Figur für viel Spott sorgte, war, dass Erich Schiller als Leiche auf dem Bett deutlich atmete. Einige wollten es deshalb nicht recht glauben, dass Mutter Beimers Mann wirklich tot ist. Die Sendung war für Bill Mockridge "ein echter Marathon", wie er später bekannte. Er musste sich viermal umziehen. Schief gegangen sei nur eine Kleinigkeit: "Ich glaube, ich habe einmal geblinzelt, als ich tot war. Es ist unglaublich schwer, einen Toten zu spielen, ich habe ab jetzt großen Respekt vor jeder Leiche im Tatort."

Premiere vier In der Lindenstraße läuft die "Lindenstraße" (bei Dr. Dressler im Wohnzimmer guckt Angelina im Fernsehen, wie sie Fernsehen guckt). Beim ersten Jubiläum hat Else Kling angefangen, darüber zu reden, dass sie "mei Serie schaugn" muss - das war auch ungewöhnlich, aber dagegen Peanuts. Solche kleinen Gags machten die Live-Folge unterhaltsam. Ein weiterer: Jedes Jahr lässt Mutter Beimer ihre Weihnachtskekse verbrennen. Jedes Jahr. Sie macht immer kleine Vögel, die jedes Jahr zu schwarzen Raben werden. Das wurde in der Live-Folge von Nico übernommen.

Nun gilt es zu klären, wer Erich auf dem Gewissen hat. Klar, dass erst mal alle Angelina in Verdacht haben, die smarte Maklerin, die unbedingt das Haus ihres Adoptivvaters verkaufen will - und dabei unerwartet auf ausgerechnet Erichs erbitterten Widerstand gestoßen war. Aber so einfach werden es sich die Lindensträßler sicher nicht machen.

(RP)
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