Blitzanalyse zur NRW-Wahl Hannelore Krafts Albtraum

Düsseldorf · Der Machtwechsel in NRW zeichnet sich klar ab: Die CDU liegt nach Prognosen und ersten Hochrechnungen deutlich vor der SPD. Was bedeutet das für Nordrhein-Westfalen? Und welche Koalition ist nun wahrscheinlich? Eine erste Kurzanalyse.

Von einem Kopf-an-Kopf-Rennen war in Umfragen vor der Wahl die Rede - jetzt das: Die CDU liegt laut ersten Prognosen deutlich vor der SPD. Für Hannelore Kraft dürfte das ein wahrer Donnerschlag sein. Zwar konnte Herausforderer Armin Laschet sie nicht haushoch besiegen, dennoch ist das Zeichen der Wähler eindeutig: Sie haben die SPD abgestraft.

Und so sieht die aktuelle Hochrechnung von ARD und ZDF von 18.45 Uhr aus: Die CDU liegt mit 34,3 Prozent vor der SPD. Diese kommt demnach auf 30,6 Prozent. Die FDP sichert sich den Einzug und kommt laut Prognosen auf 12,2 Prozent. Die Grünen kommen nur noch auf 6,1 Prozent. Die AfD kann mit 7,7 Prozent ins NRW-Landesparlament einziehen. Unklar ist das noch für die Linke: Bei den ersten Hochrechnungen landen sie bei 5,0 Prozent - sollte sich dieses Ergebnis halten, würden sie den Einzug knapp schaffen. Anders die Piraten: Sie kommen lediglich auf gut 1 Prozent und schaffen den Einzug ins Parlament somit nicht. (Sehen Sie alle aktuellen Ergebnisse auf unserer Übersichtsseite.)

In den letzten Umfragen vor der Wahl war der Abstand zwischen CDU und SPD zumeist geringer ausgefallen. Wie groß er letztlich bleibt, wird sich im Laufe des Abends noch zeigen, sobald die Ergebnisse aus den einzelnen Wahlkreisen eintreffen.

Landtagswahl 2017 NRW: Lange Gesichter bei SPD-Wahlparty mit Hannelore Kraft
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Enttäuschung bei der SPD und Hannelore Kraft

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Foto: dpa, pgr
  • Der Gewinner

Der eindeutige Gewinner des Abends heißt Armin Laschet. Im Vorfeld der Wahl war viel vom "Stammland der SPD” die Rede gewesen - nun konnte sich die CDU als Herausfordererin durchsetzen. Vor fünf Jahren musste sich die Christdemokraten noch mit 26,3 Prozent begnügen. Laschets Team konnte somit klar punkten - und satte acht Prozentpunkte hinzugewinnen. Mit 34,3 Prozentpunkten, wie sie aus den ersten Hochrechnungen hervorgehen, liegt die CDU deutlich vor der SPD.

  1. Der heimliche Wahlgewinner

Die FDP sichert sich den Verbleib im NRW-Landtag - und zwar sehr deutlich: Mit 12,2 Prozent, wie sie aus den ersten Prognosen hervorgehen, liegen die Liberalen deutlich über dem Ergebnis von 2012. Damals konnte die FDP lediglich 8,6 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen.

Offensichtlich hat sich damit der Wahlkampf von Christian Lindner ausgezahlt: Auf Plakaten und in Talkshows hatten sich die Liberalen als Ein-Mann-Partei dargestellt, Lindners Gesicht war allgegenwärtig, was offenbar beim Wähler verhaftete.

Ob die bisherige Oppositionspartei damit aber auch in die Regierung einziehen kann, wird sich erst in den Verhandlungen zeigen. Laut den ersten Prognosen wäre die CDU mit der Regierungsbildung beauftragt - für Schwarz-Gelb würde es jedoch nicht reichen. Doch das Ergebnis ist knapp, und es kann sich noch durch das Ergebnis der Linken ändern. Sollte die Linkspartei den Einzug in den Landtag verfehlen, würde sich die Stimmverteilung zugunsten der FDP verschieben.

  1. Die wahrscheinlichste Koalition

Am wahrscheinlichsten ist, dass CDU und SPD die nächste Regierung stellen. Gemeinsam kämen sie derzeit auf 64,9 Prozent. Im Wahlkampf schien es so, als hätten SPD und CDU bereits damit gerechnet. Klar ist bereits, dass eine große Koalition nicht unter Hannelore Kraft umgesetzt wird: Die SPD-Vorsitzende zog bereits am frühen Abend die Konsequenzen aus der Niederlage und trat zurück.

Dass Armin Laschet sie ablöst, ist jedoch eh klar: So ist die CDU mit dem klaren Vorsprung mit der Regierungsbildung beauftragt. Erfahrungsgemäß stellt die stärkste Partei auch den Regierungschef.

  1. Der Verlierer

Hannelore Krafts Sozialdemokraten mussten eine Watsche der Wähler einstecken: Sie konnten lediglich 30,4 Prozentpunkte einfahren, vor fünf Jahren waren es noch satte 8,6 Prozentpunkte mehr. Zwar könnten die Sozialdemokraten noch an einer Regierung beteiligt sein - im Bündnis mit der CDU.

Dann jedoch ohne die zurückgetretene Hannelore Kraft. Je nachdem, ob die FDP im Laufe des Abends noch zulegen kann oder nicht, werden die Sozialdemokraten in die Koalitionsverhandlungen gehen. Sollte Schwarz-Gelb möglich sein, dürfte das jedoch nicht mehr nötig sein.

Auch auf Bundesebene werden die Sozialdemokraten das NRW-Ergebnis erst einmal verarbeiten: Immer wieder war im Vorfeld die Landtagswahl als Stimmungsbild für die anstehende Bundestagswahl im September gewertet worden. SPD-Bundesspitzenkandidat Martin Schulz zeigte sich erschüttert und sprach von einem "schweren Abend für die Sozialdemokratie".

Und: Als große Verlierer des Wahlabends gehen ebenso die Koalitionspartner der SPD, die Grünen, hervor. Mit den prognostizierten 6,1 Prozent hat sich ihr Stimmenanteil gegenüber 2012 nahezu halbiert. Sie sind deutlich aus der Regierung gewählt worden. Welche Konsequenzen das für die Partei haben wird - auch auf Bundesebene - wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann stellte zunächst lediglich fest, dass sie wohl in Zukunft nicht mehr Bildungsministerin sein wird. Von einem Rücktritt war bei ihr bisher nicht die Rede.

(vek)
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