Fachwelt protestiert mit einer Online-Petition NRW will Archäologen Gelder streichen

Düsseldorf · Für Archäologen ist NRW eine wahre Fundgrube. Doch nun droht Ungemach. Denn die rot-grüne Landesregierung will sich aus der Finanzierung der Archäologie und Denkmalpflege bis 2015 vollständig zurückziehen. Die Betroffenen wehren sich nun mit einer Online-Petition dagegen.

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Erst im August des vergangenen Jahres war bei den Bauarbeiten zur neuen Wehrhahnlinie ein Mammutstoßzahn gefunden worden. Aber Düsseldorf kann auch mit Siedlungen aus der Eisenzeit aufwarten, fündig wurde man vor einigen Jahren bei Bauarbeiten für die A 44 und für den ISS Dome "Es sind herausragende Funde, die vor allem für den Niederrhein und Düsseldorf bedeutsam sind", sagte der Archäologe Ralf Lommerzheim von der Denkmalabteilung der Stadt im Sommer 2012 unserer Redaktion.

Doch nicht nur Düsseldorf ist reich an archäologischen Schätzen, auch Städte wie Köln und Xanten haben Vieles aus der Vergangenheit, insbesondere der Römerzeit, zu erzählen — wenn denn die Archäologen fündig werden. Doch das könnte in Zukunft immer seltener der Fall werden. Denn die rot-grüne Landesregierung will nach und nach aus der Finanzierung aussteigen. Und das sorgt für scharfe Kritik bei den Betroffenen.

Bislang finanzierte das Land zur Hälfte mit

In einer Online-Petition bittet die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF)die Regierung darum, die angekündigte Streichung der Landeszuschüsse für Archäologie und Denkmalpflege zurückzunehmen. Darin heißt es: "Für viele Bodendenkmäler führt das zur undokumentierten Zerstörung, weil das Geld für die nötigen Rettungsgrabungen und ihre Dokumentation fehlt. In den Fachämtern werden die Gelder fehlen, die Funde sachgerecht zu konservieren und restaurieren (...) Auch viele Baudenkmäler können nicht mehr saniert werden, die historische Bausubstanz zahlreicher Städte ist in Gefahr."

Konkret geht es darum, dass das Land die Landesmittel von zwölf Millionen Euro auf bereits zehn Millionen Euro für dieses Jahr gekürzt hat. Im nächsten Jahr wolle Rot-Grün dann nur noch 3,3 Millionen Euro zur Verfügung stellen und 2015 gar nichts mehr.

Wie die DGUF in der Petition erläutert, kümmern sich in NRW die zwei großen kommunalen Verbänden, der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, um die Archäologie und die Bodendenkmalpflege. Die Stadt Köln kümmert sich selbst um ihr Gebiet. Bislang seien die Kosten zur Hälfte von dem jeweiligen Träger und zur anderen Hälfte vom Land übernommen worden. Fielen nun die Gelder vom Land weg, dann — so heißt es in der Petition — könnten die kommunalen Verbände und die Stadt Köln angesichts der klammen Lage der Kommunen diesen Verlust nicht ausgleichen. Zahlreiche archäologische Schätze könnten vielleicht gar nicht gehoben werden, einfach weil das Geld fehlt.

Fallen dann auch Stiftungsgelder weg?

"Fällt die Hälfte der Gelder weg, wäre der Schaden im wahrsten Sinne des Wortes unermesslich groß, weil Stätten dann bei Baumaßnahmen ohne jede Ausgrabung unbeobachtet zerstört würden", sagt denn auch Frank Siegmund von der DGUF im Gespräch mit Spiegel Online. Auch bemängelt Siegmund, dass künftig geltende Verursacherprinzip. Auch wenn dies eigentlich positiv sei, wüssten die Praktiker, dass es nicht wirklich greife — weil die Verursacher nie die ganzen Kosten trügen und ihre Verantwortung mit der Ausgrabung ende. Danach stünden aber noch wichtige Projekte wie die Konservierung, Dokumentation oder Ausstellungen an. Zudem gebe es in NRW dann eine ganz spezielle Form des Verursacherprinzips, nachdem die Investoren nur zahlen müssten, wenn die betroffenen Fundstellen schon vorher bekannt seien.

Der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Wolfgang Kirsch, erläuterte auf Archaelogie Online ein weiteres Problem. Die Denkmalpflege beruhe auf einer Mischfinanzierung. "Stiftungsgelder fließen in vielen Fällen nur, wenn auch das Land ein Projekt mitfinanziert. Somit würden beispielsweise Gelder der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hier ausfallen und in andere Länder fließen."

Die Pläne der NRW-Regierung stßen auch dem Kulturstaatsminister Bernd Neumann auf. Er bezeichnete die Streichungen als "kulturpolitische Bankrotterklärung". "Die Kürzungspläne sind ein schwerer Schlag gegen all diejenigen, die sich idealistisch und uneigennützig für die Bewahrung unseres einzigartigen kulturellen Erbes einsetzen", zitiert ihn Archäologie Online. Die Seite bemerkt übrigens auch, dass der Anteil der Kultur am Landesetat gerade einmal 0,03 Prozent ausmache und eine Streichung der Mittel daher wohl kaum zur Konsolodierung des Landeshaushaltes beitrage.

(das)
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