NRW-Landesparteitag Hinter den Türen des AfD-Parteitages

Werl · Der Landesparteitag der "Alternative für Deutschland" am Wochenende in Werl dokumentierte auch das Verhältnis der rechten Partei zur Öffentlichkeit. Auszüge einer Debatte, die nie bekannt werden sollte.

 AfD-Parteimitglieder heben Wahlkarten auf dem NRW-Parteitag.

AfD-Parteimitglieder heben Wahlkarten auf dem NRW-Parteitag.

Foto: dpa, bt axs

Aus ihrem schwierigen Verhältnis zu Medien machen viele AfD-Sympathisanten keinen Hehl. Kaum standen am Wochenende die ersten Online-Berichte über den Landesparteitag der rechten Partei im Netz, gab es Beschimpfungen: "Lügenpresse halt die Fresse!" Wiederholt erreichte diese Aufforderung unsere Redaktion.

Auch der offizielle Teil der Partei musste bei dem Landesparteitag erst nach seinem Verhältnis zur Presse suchen. Per Wachdienst von allen Medien abgeschirmt, debattierten die Delegierten in der Stadthalle Werl zunächst, ob Journalisten überhaupt in den Saal dürfen. Hinter den verschlossenen Türen wurden dann die medialen Hoffnungen und Ängste der AfD-Delegierten ungeschminkt sichtbar.

11 Uhr Der Landesparteitag beginnt. Knapp 300 Delegierte nehmen an den schmucklosen Tischreihen in der holzvertäfelten Stadthalle Werl Platz. Ein starkes Polizeiaufgebot schirmt sie von Demonstranten ab. Vor den Türen zum Saal stehen zusätzliche Sicherheitsleute, die Unbefugten den Zutritt verwehren. "Unbefugt" sind auch Journalisten. Der Landesvorstand hatte sie im Vorfeld des Parteitages ausgeladen. Sie sollten lediglich eine Pressekonferenz besuchen dürfen. Dieser im demokratischen Teil der deutschen Parteiengeschichte einmalige Vorgang provozierte bundesweite Proteste. Nun sollen die Delegierten darüber entscheiden.

Gegen 11.30 Uhr Von außen gerade noch vernehmlich fordert der Versammlungsleiter den Sicherheitsdienst auf: "Bitte Türen schließen!" Er wird erklärt haben, dass der Parteitag das Recht habe, nun über das Zulassen von Presse zu entscheiden. Augenzeugen zufolge forderte gleich der erste Redner, die Presse zuzulassen. Was die AfD mit der Presse erlebt habe, sei "nicht immer ganz so toll. Wichtiges wird weggelassen", soll er gesagt haben. Und dann: "Ich habe vor nichts Angst."

Ein anderer Delegierter verwies auf den öffentlichen Eindruck. Man sei dabei, jede Menge Porzellan zu zerschlagen. Auch er soll gesagt haben: "Es steht fest, dass Teile der Presse in der Vergangenheit uns übel mitgespielt haben." So seien Parteifreunde abfotografiert worden, ihre Adressen gedruckt und sie damit der Gefahr von Anschlägen ausgesetzt worden. Andererseits sei die Herstellung der Öffentlichkeit an der AfD-Veranstaltung auch im Interesse der Partei. Sein Vorschlag: Die Presse soll nur eingeschränkt berichten dürfen. Mehrere Augenzeugen zitieren den Redner so: "Ich habe überhaupt keine Lust darauf, dass hier Gestalten wie Oliver Welke [Moderator der Satire-Sendung "heute show", Anm. d. Red.] mit seinen Kameraden hier durch unsere Reihen laufen, das möchte ich auch nicht haben." Er sei dafür, dass die Medien in einem abgegrenzten Raum Bericht erstatten dürfen. "Ich bitte darum, dass wir die Presse nicht vollständig ausschließen, sondern nur zum Teil."

Ein anderer Delegierter soll darauf geantwortet haben: "Ich bin schon der Meinung, dass wir der Presse nicht die Möglichkeit geben sollten, hier durch die Reihen zu gehen, sondern dass sie nur von hinten nach vorne filmen dürfen." Man habe in den vergangenen Wochen gesehen, dass da der ein oder andere Parteifreund von den Medien herausgepickt wurde, um ihn anschließend für Berichte zu vereinnahmen, die überhaupt nicht im Interesse der Partei seien. Er bekam von weiteren Rednern Unterstützung, von denen einer gesagt haben soll: "Wenn wir die Presse nicht reinlassen, tun wir genau das, was der Gegner will."

Offenbar gab es dann eine Abstimmung, bei der sich eine klare Mehrheit für das Zulassen von Presseberichterstattern ausgesprochen hat. Ein Delegierter soll dann aber protestiert haben, weil sein Antrag für eine nur eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Presse beim Landesparteitag übergangen worden sei. Dann muss Landesvorstandssprecher Marcus Pretzell das Wort ergriffen haben. Er sprach sich für den uneingeschränkten Zutritt der Presse aus. Augenzeugen zitieren ihn mit der Befürchtung, dass die AfD sonst in ein schlechtes Licht gerate. Wörtlich soll er gesagt haben: "Wenn ich ein bisschen was in den letzten drei Jahren über Presse gelernt habe, dann dieses, dass man der Presse nicht erklären soll, wie sie ihren Job machen soll. Das werden wir als AfD so schnell nicht schaffen." Bei einer weiteren Abstimmung stimmten 151 Delegierte für einen uneingeschränkten Zugang der Presse, 112 für einen Zugang mit Einschränkungen und zehn enthielten sich. Die meisten Journalisten sind längst wieder zu Hause. Wer gewartet hat, wurde etwa gegen 12 Uhr eingelassen.

12.47 Uhr Die Security zerrt den 16-jährigen Youtube-Blogger Tomasz Niemiec aus dem Saal. Der Video-Journalist soll zu viele AfD-Mitglieder gefilmt haben. Ein Sprecher der Partei bestätigte diesen Rausschmiss gegenüber unserer Redaktion: "Einige Mitglieder fühlten sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt."

(RP)
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