NRW Informatik-Test an Grundschulen

Düsseldorf · Das NRW-Schulministerium testet, wie Informatik in den Sachunterricht eingebaut werden kann. Auch Lehrer ohne Vorkenntnisse können fortgebildet werden. Ärger gibt es um die Finanzierung.

 Das Schulministerium testet, wie Informatik in den Stundenplan eingebaut werden kann.

Das Schulministerium testet, wie Informatik in den Stundenplan eingebaut werden kann.

Foto: dpa

Bislang lernten Grundschüler im Sachunterricht etwas über Umwelt, NRW oder wurden auf die Radfahrprüfung vorbereitet. In Zukunft sollen Kryptografie oder Robotik auf dem Stundenplan stehen. Ab diesem Schuljahr testet das Land Informatik an Grundschulen. "Im Rahmen des Projekts wird geprüft, wie sich Informatik mittel- bis langfristig in den Sachunterricht integrieren lässt", sagt ein Sprecher des Schulministeriums.

Das Modellprojekt "Informatische Bildung im Primarbereich" startet zunächst an fünf Grundschulen in NRW, unter anderem in Remscheid, Wuppertal und Aachen. Zusammen mit sechs Lehrern erarbeiten Forscher der Universitäten in Aachen, Paderborn und Wuppertal aktuell den Unterrichtsstoff für das dritte und vierte Schuljahr. 2016 sollen weitere Lehrer in anderthalb Tagen fortgebildet werden. Dabei geht es etwa um die Frage, wie das Internet funktioniert und Daten ausgetauscht werden.

International ist man allerdings schon viel weiter. In Estland lernen Grundschüler programmieren, in Großbritannien, Polen und den Niederlanden ist Informatik Pflichtfach. Die Initiatoren des NRW-Projekts -neben den drei Informatik-Didaktik-Professoren der Unis gehört dazu auch der Leiter des Paderborner Computermuseums Heinz Nixdorf Museumforum (HNF) - fordern mehr Reformen: "Informatik sollte ein eigenes Schulfach werden - auch schon in der Grundschule", sagt HNF-Geschäftsführer Kurt Beiersdörfer, der NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) das Projekt im September 2014 vorgestellt hatte. Auch Ludger Humbert, Informatikdidaktiker an der Uni Wuppertal, sieht in der Einbindung in den Sachunterricht eine Notlösung: "Wir können Informatik nicht wegintegrieren."

Die Schulministerin hält von einem Pflichtfach Informatik jedoch wenig. Selbst beim aktuellen Grundschul-Projekt agierte das Ministerium eher halbherzig. "Wir wollten ursprünglich von Anfang an mehr Schulen mit ins Boot holen, aber da war das Schulministerium dagegen", sagt Humbert. Nun sei er froh, dass zwei Lehrkräfte pro Standort zur Verfügung stünden: "Eigentlich wollte uns das Schulministerium weniger genehmigen."

Dass es das Projekt überhaupt gibt, könnte daher vor allem politisch motiviert sein. Die Professoren waren überrascht, als sie im Januar aus der Regierungserklärung von Hannelore Kraft (SPD) von der geplanten Umsetzung erfuhren. Die Ministerpräsidentin hatte die Digitalisierung als Schwerpunkt der Landespolitik definiert. Nun musste alles ganz schnell gehen, was die Unis vor enorme Herausforderungen stellte. "Wir sind sehr froh, dass wir Schulen gefunden haben, die mitmachen, weil alles sehr kurzfristig anlief", sagt Nadine Bergner, die das Projekt an der Uni Aachen koordiniert. Es habe großes Interesse gegeben, aber viele Schulen hätten nicht auf die Lehrer verzichten können.

Denn finanziell beteiligt sich das Schulministerium so gut wie gar nicht. Löhrmanns Ressort stellt lediglich Sachmittel und sechs Lehrer mit einer halben Stelle zur Verfügung. Nicht einmal die wissenschaftliche Begleitung des Projekts will das Land finanzieren, obwohl es in der Summe nur um einen Betrag von rund 100 000 Euro pro Jahr gehen soll. "Eigentlich wäre es Sache der Landesregierung, die wissenschaftliche Begleitung zu finanzieren", kritisiert Beiersdörfer. Nun müssen die Unis nach externen Geldgebern suchen oder die Forschung mit eigenen Mitteln stemmen.

(frin)
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