Essen, Wuppertal, Bochum Tag der Entscheidung in vielen NRW-Städten

Düsseldorf/Essen · Am Sonntag fällt die Entscheidung zwischen CDU und SPD in einigen NRW-Großstädten. Stichwahlen gibt es auch in zahlreichen weiteren Kommunen.

In Essen kommt es am Sonntag zum Duell zwischen Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) und Herausforderer Thomas Kufen (CDU).

In Essen kommt es am Sonntag zum Duell zwischen Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) und Herausforderer Thomas Kufen (CDU).

Foto: dpa, rwe

Der Wechsel in Oberhausen war für die Genossen ein Schock: Am vorletzten Sonntag gelang es dem CDU-Kandidaten Daniel Schranz, die SPD nach Jahrzehnten aus dem Amt des Oberbürgermeisters zu drängen. Dass am Sonntag das Ruhrgebiet noch ein bisschen schwärzer wird, hofft jetzt der Essener CDU-Politiker Thomas Kufen. Für den 42-Jährigen stehen die Chancen, neuer OB der Ruhrgebietsmetropole zu werden, recht gut. Im ersten Wahlgang bekam Kufen 42,5 Prozent der abgegebenen Stimmen und lag damit um fast zehn Prozentpunkte vor dem amtierenden SPD-OB Reinhard Paß (59).

Kufen, der frühere Integrationsbeauftragte der schwarz-gelben Landesregierung, beteuert, er "brenne für die Stadt". Essen ächzt allerdings unter einer Milliarden-Schuldenlast. Paß, der etwas dröge wirkt, verweist zwar auf die Sparbemühungen der letzten Jahre, doch seine Aussichten sind trotz beherzter Unterstützung durch SPD-Landeschefin Hannelore Kraft eher trübe. Seitdem ihn die Essener SPD-Vorsitzende Britta Altenkamp als die "falsche Person" für den OB-Posten abgekanzelt hat, wird er den Makel des Verlierers nicht mehr los.

Hinzu kommt, dass viele Grünen-Anhänger am Sonntag wohl Kufen wählen werden. Der CDU-Fraktionschef im Stadtrat, der sich im Wahlkampf - Kalkül hin oder her - als homosexuell geoutet hat, "kann" mit den Grünen. Mit Genugtuung wird er vernommen haben, dass er bei der Stichwahl mit der Unterstützung des Fraktionschefs der Grünen im Landtag, Mehrdad Mostofizadeh, rechnen kann, der selbst Essener ist.

Sollte die Union auch in Bochum den Chefsessel im Rathaus erobern, wäre die Sensation perfekt. Dort tragen seit 1946 ausschließlich Sozialdemokraten die Amtskette. Beim ersten Wahlgang lag der SPD-Landtagspolitiker Thomas Eiskirch (44) zwar mit 38,5 Prozent deutlich vor dem CDU-Kandidaten Franz Klaus (62), erreichte aber nicht die nötige absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent der Stimmen, so dass es auch in Bochum zur Stichwahl kommt.

Noch in drei weiteren Großstädten wird sich am Sonntag entscheiden, wer bis zum Jahr 2020 an der Spitze der Verwaltung steht:

Inder Seidenstadt Krefeld, in der die CDU mit Dieter Pützhofen und Gregor Kathstede seit 1994 den OB stellt, könnte der SPD der Wechsel gelingen. Parteichef Frank Meyer (41) lag im ersten Wahlgang mit 45 Prozent vor dem CDU-Mitbewerber Peter Vermeulen (57), der 35,2 Prozent erhielt. Geschadet hat ihm, dass er Meyer im Wahlkampf vorgehalten hat, "keine Familie" zu haben. Nach heftigen Protesten hat sich Vermeulen dafür entschuldigt.

In Solingen stellt die CDU seit 1999 den OB. SPD-Fraktionschef Tim Kurzbach (37), der von den Grünen unterstützt wird, geht mit einem Wahlergebnis von 43,6 Prozent in die Stichwahl. Der Kandidat der CDU, Frank Feller (59), war auf 36,1 Prozent gekommen. Feller hat wohl auch deshalb die schlechtere Position, weil die Union in der Klingenstadt als zerstritten gilt.

Auch über Wuppertal, der Stadt von Johannes Rau, scheint eine Art Wechselstimmung zu schweben. Im ersten Wahlgang erhielt der amtierende CDU-Oberbürgermeister Peter Jung (60) lediglich 37,5 Prozent; sein SPD-Herausforderer Andreas Mucke (48) kam auf immerhin 35,6 Prozent. Die Wuppertaler lasten das von Großbaustellen verursachte Verkehrschaos in der Innenstadt offenbar vor allem ihrem OB an, der nach Meinung von Kritikern auch einen "kulturpolitischen Scherbenhaufen" angerichtet hat.

Am Sonntag finden zudem Stichentscheide zur Bürgermeisterwahl in 43 Städten und Gemeinden statt. Dazu zählen Emmerich, Geldern, Grevenbroich, Haan, Kalkar, Korschenbroich, Mettmann, Rheinberg und Viersen.

Beobachter rechnen damit, dass die Wahlbeteiligung diesmal noch geringer ausfallen könnte als am 13. September mit 40,9 Prozent. Vorstöße für eine Wahlpflicht, wie es sie im Vorfeld der Kommunalwahl gab, weist der Rechtswissenschaftler Janbernd Oebbecke (Universität Münster) entschieden zurück: "Davon halte ich gar nichts." Die Bürger hätten auch das Recht, einer Wahl fernzubleiben, sagte er unserer Redaktion. Nichtwahl könne aber nicht nur Protest, sondern auch Zustimmung bedeuten. Fakt ist: Die Bürger sind vor allem dort schwer zu mobilisieren, wo keine gravierenden Entscheidungen anstehen und sich die Kandidaten nur in Nuancen unterscheiden.

(hüw)
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