Landtagswahl 2017 NRW-AfD droht der Ausschluss von der Landtagswahl

Düsseldorf · Bei der Kandidaten-Aufstellung wurden offenbar Stimmzettel nicht gewertet und dann vernichtet. Der Parteichef ruft zur Krisensitzung.

NRW-AfD droht der Ausschluss von der Landtagswahl
Foto: dpa, mb pil fg

Marcus Pretzell ist genervt. "Es reicht, liebe Kollegen", herrscht der Vorsitzende der NRW-AfD den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Alexander Gauland und den thüringischen AfD-Chef Björn Höcke auf Facebook an. Beide hatten sich über Tricksereien bei der Listenaufstellung in NRW beschwert. Pretzell verbittet sich solche "Querschüsse" aus den eigenen Reihen: "Was es hier zu regeln gibt, regeln wir selbst."

Zu regeln gibt es in der Tat einiges, sonst könnte der AfD drohen, von der Landtagswahl ausgeschlossen zu werden, wie der Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok gestern unserer Redaktion erläuterte.

Der Hintergrund: Auf der AfD- Delegiertenversammlung in Soest im September, auf der ein Teil der Landesliste für die NRW-Wahl am 14. Mai 2017 festgezurrt wurde, verblieben nach Medienberichten fünf Stimmzettel in einer Wahlurne und wurden später von einer Wahlhelferin vernichtet. Morlok wertet dies als Verstoß gegen das Prinzip demokratischer Wahlen, wonach alle abgegebenen Stimmzettel auszuwerten seien. Zu fragen sei allerdings, ob die fünf Zettel ein anderes Listenergebnis bewirkt hätten. Zumindest dieser Wahlgang müsse jedoch wiederholt werden. Sollte der Landeswahlleiter nach Fristablauf zu der Einschätzung gelangen, dass die Platzierung nicht demokratisch zustande gekommen sei, "darf er die Liste nicht genehmigen". Das, so Morlok, wäre für die AfD das Aus für die Landtagswahl. Pretzell hat der Wahlhelferin inzwischen mit Parteiausschluss und mit dem Staatsanwalt gedroht.

Die Partei ist tief zerstritten. Pretzell ist dem rechten Flügel ein Dorn im Auge. Um die eigenen Kandidaten auf der Liste durchzusetzen, soll eine Gruppe von Pretzell-Getreuen während der Sitzungen in Soest und später in Werl per Whats-app dafür gesorgt haben, dass stets genügend Vertrauensleute bei den Einzelabstimmungen im Saal waren. "Demokratie ist halt nur gut, wenn sie einem nützt", chattete ein Teilnehmer. Obwohl dies jetzt für Aufsehen sorgt, betonte Morlok: "Daraus einen Vorwurf zu machen, ist naiv." Informelle Verständigungsprozesse gebe es auf Parteitagen aller Parteien dem Motto: Wenn ihr unseren Kandidaten aus Hessen wählt, wählen wir euren aus NRW.

Bei den Kandidatenwahlen der NRW-AfD sollen zudem an den regionalen Tischreihen Wahlurnen herumgereicht worden sein, die danach separat ausgezählt worden seien. Auf diese Weise habe die Pretzell-Truppe erfahren, wie die Delegierten etwa aus Ostwestfalen abgestimmt hätten. Dazu Morlok: "Eine Wahl muss zwar geheim ablaufen. Wenn die regionale Herkunft der Stimmen erkennbar ist, dürfte dieser Vorgang aber rechtlich schwer zu fassen sein."

Nach Auskunft einer Parteisprecherin sollen die Vorwürfe durch Juristen geprüft werden. Das erfordere Zeit. Allein die eng bedruckte Liste mit den Parteitagschats sei 80 Doppelseiten lang. Pretzell trommelte derweil Parteifunktionäre nach Essen zu einer Krisensitzung zusammen. "Die AfD wäre schlecht beraten, wenn sie keine Korrektur vornimmt", sagte Morlok.

(hüw)
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