Urteil wird am 1. Juli erwartet Gericht zweifelt an Beamten-Nullrunde in NRW

Düsseldorf · Ist es rechtens, dass die Bezüge der höheren Besoldungsgruppen in NRW nicht steigen? So hat es das Land beschlossen. Die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs widerspricht dem Finanzminister.

Richter und Staatsanwälte demonstrieren in Düsseldorf
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Bei der mündlichen Verhandlung zur Klage gegen die Nullrunden für Beamte hat die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs (VGH) in Münster, Ricarda Brandts, skeptisch auf die Darlegungen von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) reagiert. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass die umstrittene Regelung gekippt wird. Bereits am 1. Juli soll das Urteil verkündet werden.

Rot-Grün hatte entschieden, dass 2013 und 2014 nur die Besoldungsgruppen bis A 12 eine abgestufte Gehaltsaufbesserung erhalten. Alle höher eingruppierten Beamten und Pensionäre gehen dagegen zwei Jahre lang leer aus. Dagegen hatten die Fraktionen von CDU und FDP sowie die Piraten-Abgeordneten Dietmar Schulz und Robert Stein (inzwischen fraktionslos) Klage beim VGH eingereicht. Der Rechtsvertreter der Kläger, Kyrill Schwarz, betonte, die Landesregierung habe bislang keinerlei plausible Erklärung für die Nullrunden gegeben.

Sollte die Regelung gekippt werden, wäre das nicht nur eine schwere Niederlage für die rot-grüne Landesregierung. Auf NRW kämen auch Mehrkosten von bis zu 1,3 Milliarden Euro für beide Jahre zu.

Gerichtspräsidentin spricht von "dauerhafter Nichtanpassung"

Finanzminister Walter-Borjans begründete die Sparaktion damit, dass es das Land mit "Schraubstock-Bedingungen" zu tun habe: Es müsse seine Aufgaben für das Gemeinwohl erfüllen und zugleich den Haushalt mit Blick auf die Schuldenbremse 2020 konsolidieren. Trotz der Nullrunden bleibe der notwendige Abstand zwischen den Besoldungsstufen gewahrt. Außerdem führten die für zwei Jahre geltenden Nullrunden nicht zu einer Verschlechterung.

Gerichtspräsidentin Ricarda Brandts widersprach und wies den Minister darauf hin, dass es sich bei der "Quasi-Kürzung" um eine "dauerhafte Nichtanpassung" handle, die fortwirke. Das Land habe die Pflicht, seinen Beamten eine angemessene Versorgung, im Fachjargon Alimentation genannt, gemäß der wirtschaftlichen Entwicklung zu gewähren. Allerdings bestehe keine Verpflichtung, die für die Tarifbediensteten ausgehandelten Ergebnisse eins zu eins zu übertragen. Wenn man aber die Beamten ab A 13 ausklammere, sei zu fragen, ob diese etwa "überalimentiert" seien.

Laschet spricht von Willkür

Verfassungsrichter Joachim Wieland sagte, niemand wisse, wie die nächste Besoldungsrunde aussehen werde. Könne man daher nicht zwei Jahre lang einen "nicht ganz astreinen Zustand" akzeptieren? Dem widersprach Schwarz entschieden: Er sehe "wenig Indizien für eine Anpassung" der oberen Beamtengehälter in der nächsten Zeit, und außerdem könne es keine "vorübergehende Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes" geben.

CDU-Landeschef Armin Laschet bezeichnete nach der zweistündigen Verhandlung die Nullrunden als Willkür und verfassungsrechtlich fraglich. FDP-Chef Christian Lindner betonte, ein Teil der Beamten könne doch nicht deshalb benachteiligt werden, weil das Land nicht an anderer Stelle sparen wolle. Schulz wies darauf hin, dass im Landtag 20 von 21 Experten Bedenken gegen das Besoldungsgesetz geäußert hätten; dennoch sei es von der rot-grünen Landesregierung verabschiedet worden.

(hüw)
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