Facebook-Wahlkampf Meine Freundin Hannelore Kraft

Düsseldorf (RP). 746 Kandidaten bewerben sich am 9. Mai um einen Sitz im Düsseldorfer Landtag. Da geht es um jede Stimme. Deshalb sammeln die Kandidaten mit unterschiedlichem Eifer auch im Internet-Netzwerk "Facebook" Fans und Freunde – manchmal auch solche, die es gar nicht gibt.

Düsseldorf (RP). 746 Kandidaten bewerben sich am 9. Mai um einen Sitz im Düsseldorfer Landtag. Da geht es um jede Stimme. Deshalb sammeln die Kandidaten mit unterschiedlichem Eifer auch im Internet-Netzwerk "Facebook" Fans und Freunde — manchmal auch solche, die es gar nicht gibt.

Hannelore hat gar nicht erst lange gefragt, wer ich eigentlich bin oder was ich mache. Sie ist einfach meine Freundin geworden. So wie gut zwei Dutzend andere Politiker auch, die alle am 9. Mai in den Düsseldorfer Landtag gewählt werden wollen. Der Vize-Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Marc Jan Eumann, ist ebenso darunter wie der Neusser CDU-Kandidat Jörg Geerlings, der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Marcel Hafke, oder die Grünen-Landtagschefin Sylvia Löhrmann. Und eben Hannelore Kraft, die als SPD-Spitzenkandidatin bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl am 9. Mai antritt.

Freundschaft ist im Internet-Netzwerk "Facebook" eine schnelle Sache. Jeder Nutzer erstellt eine Profilseite, auf der er sich mit Fotos, Videos und Texten präsentieren kann. Mit Freunden kann man sich in privaten Nachrichten oder öffentlich auf einer Pinnwand austauschen. Es gibt eine Chat-Funktion für "Live"-Gespräche, man kann Gruppen gründen und zu Veranstaltungen einladen — und das alles ist kostenlos. Damit ist Facebook auch ein ideales Instrument für den Landtagswahlkampf in NRW.

Zumindest für SPD, Grüne und FDP. Dagegen hat mehr als die Hälfte der CDU-Kandidaten auf den Spitzenplätzen der Landesliste gar keine eigenen Facebook-Seiten, selbst CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid ist nicht präsent. Bei den anderen kann ich — mit Ausnahme von Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (311 Freunde) — lediglich ihr "Fan" werden. So macht es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (3043 Anhänger) vor, so machen es ihm etliche CDU-Abgeordnete wie der Klever Manfred Palmen (208 Fans), der Mönchengladbacher Norbert Post (49 Fans) oder der Krefelder Peter Kaiser (47 Fans) nach.

Nur ihre Fans können bei diesen Kandidaten einen Kommentar auf der Pinnwand abgeben, dürfen den Kandidaten aber nicht einmal eine direkte Nachricht schreiben. Soziales Netzwerken stelle ich mir anders vor. "Hanna Lindner fragt sich, warum sie bei vielen Landtagskandidaten erst ein Fan werden soll, um eine Frage loszuwerden", schreibe ich an meine Pinnwand. "Das geht bei mir auch so ;-)", kommentiert prompt Marcel Hafke, der als Chef der NRW-Jungliberalen für die FDP kandidiert. Meine Freundin Hannelore macht es besser. Auch sie hat eine Fan-Seite (2053 Anhänger), daneben aber eine Seite für Freunde (1641 und ich). Ich kann ihr eine private Nachricht schreiben oder sie per Mausklick freundschaftlich anstupsen. Ehrlicherweise gibt Hannelore Kraft zu: "Mein Facebook-Profil wird von meinem Team mitbetreut."

Andere betreuen ihre Freunde-Seiten selbst und sind kommunikativer. Als ich mich frage, warum es auf der Internetseite des NRW-Landtags eigentlich keinen Überblick der Landtagskandidaten gibt, weist mich Marc Jan Eumann (SPD, 399 Freunde) auf die Internetseite Abgeordnetenwatch.de hin. Andere lassen auch schon einmal Privates durchscheinen. Meine Freundin Lisa Steinmann (SPD Köln, 596 Freunde) leidet darunter, dass ihr Wahlkampf und Job keine Zeit mehr für Rollstuhl-Rugby lassen. Sylvia Löhrmann (Grüne, 1539 Freunde) lässt mich über keinen ihrer Auftritte uninformiert. Es gibt — wir sind ja Freunde — auch was zu lachen. So ist mein Freund Jörg Geerlings (978 Freunde), der Neusser CDU-Kandidat, Mitglied der Facebook-Gruppen "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik und Beziehungsprobleme!" und "Kann diese Bockwurst mehr Fans haben als Claudia Roth?". Da mache ich mit.

* Hanna Lindner ist eine fiktive Person, die nur bei Facebook existiert.

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