Sonderparteitag in Duisburg Die NRW-SPD steht vor einer historischen Reform

Meinung | Düsseldorf · Michael Groschek müht sich nach der historischen Wahlniederlage als neuer Chef der NRW-SPD, den Genossen Selbstwert zurückzugeben. Doch der Sonderparteitag in Duisburg hat vor allem eines gezeigt: Bis zu einem echten Neubeginn ist es für die Partei noch ein weiter Weg.

 Michael Groschek auf dem Sonderparteitag der NRW-SPD in Duisburg.

Michael Groschek auf dem Sonderparteitag der NRW-SPD in Duisburg.

Foto: dpa, fg tba

Es war keine leichte Aufgabe, die Groschek am Samstag auf dem Sonderparteitag der nordrhein-westfälischen SPD zu bewältigen hatte. Nach der historischen Wahlniederlage war es an ihm als dem künftigen Parteichef, die Genossen aus ihrer Depression zu holen, aufzurichten und sie gleichzeitig so weit zu motivieren, dass sie auch in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs ihr Bestes geben. In weiten Teilen der Partei herrschen Frust, Wut und Verärgerung vor - nicht nur über das Wahldebakel, sondern auch über die Kür der Nachfolger in der Führungsspitze der Partei.

Die Jusos sind sauer

Insbesondere die Jusos nehmen den Altvorderen übel, dass die ihr Versprechen eines geordneten und grundlegenden Neuanfangs sogleich wieder kassierten. Denn die Nominierung der Nachfolger glich eher einer überstürzten Hauruck-Aktion, die zudem noch geprägt war von internen Machtkämpfen.

Noch schwerer wiegt aber, dass sich in der neuen Führungsspitze der NRW-SPD mit Michael Groschek als Parteichef, Norbert Römer als Fraktionsvorsitzendem und Svenja Schulze als Generalsekretärin gleich drei wichtige Protagonisten der abgewählten Landesregierung durchgesetzt haben. Es ist selten eine gute Idee, wenn Verantwortliche Fehler finden und aufarbeiten sollen, die sie zuvor selbst gemacht haben.

Eine schonungslose Erneuerung könnte der Bundes-SPD helfen

Doch das ist nicht der einzige gravierende Fehler, den die Partei in dieser sensiblen Phase macht. Indem sie die Analyse der Schwächen und der Niederlage auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschiebt, steigt das Risiko, dass die notwendigen Reformen am Ende verschleppt werden oder ganz unterbleiben. Dabei könnten gerade von einer strukturierten Aufarbeitung der Wahlniederlage in NRW auch positive Signale für die Bundes-SPD ausgehen. Eine schonungslose Erneuerung könnte den Genossen in Berlin sogar Auftrieb geben, würde dies doch ernstgemeinten Veränderungswillen dokumentieren.

Groschek immerhin versuchte in seiner Rede auf dem Parteitag Erklärungsansätze für das Wahldebakel zu liefern. Man sei sich zu sicher gewesen, dass Hannelore Kraft gegen den CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet gewinnen würde, habe keine schlüssigen Antworten liefern können auf die "Nordrhein-Westfalen als Schlusslicht"-Debatte, die die Christdemokraten hartnäckig immer wieder zum Thema machten. Die entscheidende Einsicht aber lautete: Auch ehemals klassische SPD-Wähler nähmen ihre Partei inzwischen als "die da oben" wahr.

Diese Erkenntnis rührt am Selbstverständnis, am Wesenskern der Partei und zeigt, wie weit die Erneuerung der SPD gehen muss. Es geht dabei um nicht weniger als um die historische Frage, wofür die Sozialdemokratie in Zukunft stehen soll und wo sie ihre Wähler verortet.

Mit seiner mitreißenden Rede mag der neue Parteichef ein paar Punkte gut gemacht haben. Dennoch sprachen ihm am Ende nur knapp 86 Prozent der Delegierten in Duisburg ihr Vertrauen aus. Das zeigt: Bis zu einem echten Neubeginn ist es für die Partei noch ein weiter Weg.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort