Religiöse Patrouillen durch Wuppertal Kauder fordert Verbot der "Sharia-Polizei"

Wuppertal · Nach dem Auftritt einer selbst ernannten "Scharia-Polizei" in Wuppertal hat die nordrhein-westfälische Landesregierung ein "hartes Vorgehen" gegen die Islamisten angekündigt. Auch die große Koalition will gegen sie vorgehen. Unterdessen rudern die Islamisten zurück und sprechen von einer PR-Aktion.

Religiöse Patrouillen durch Wuppertal: Kauder fordert Verbot der "Sharia-Polizei"
Foto: dpa, Bernd Von Jutrczenka
Religiöse Patrouillen durch Wuppertal: Kauder fordert Verbot der "Sharia-Polizei"
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In einem Video gab sich der Salafistenprediger Sven Lau als einer der Hintermänner der Aktion zu erkennen: "Wir wussten, dass das Aufsehen erregen wird." Lau zeigte sich selbstkritisch, nachdem die Aktion von muslimischen Verbänden und Gesinnungsgenossen kritisiert worden war: "Der Name war vielleicht sehr provokant. Vielleicht war es auch ein Fehler von uns", sagte Lau. "Wenn die Muslime sich falsch vertreten gefühlt haben, tut es mir leid. Wenn wir damit jemandem geschadet haben, möchte ich mich entschuldigen."

In mehreren Videos auf seiner Facebook-Seite spielte Lau die Aktion herunter: "Fünf Männekes" hätten sich eine Weste angezogen, "und ganz Deutschland steht auf dem Kopf", sagte er in einem Video. Man brauche die "Sharia-Polizei" nicht zu verbieten, denn: "Die Sharia-Polizei gibt es nicht." Davor hatte er erklärt: "Die Sharia-Polizei hat es einmal hier (in Wuppertal), für ein Paar Stunden namentlich auf einer orangenen Weste gegeben", sie habe aber "nie wirklich existiert". Die Empörung sieht er als Kampagne gegen Muslime an, die Medien beschimpft er als Lügner.

Auch der Salafistenprediger Pierre Vogel äußerte sich zur Sharia-Polizei. Er lobte die Aktion in Wuppertal und forderte im Internet zur Nachahmung auf. Vom Begriff "Sharia-Polizei" distanzierte er sich allerdings. In einer Video-Botschaft behauptete Vogel, seine Glaubensbrüder in Wuppertal hätten niemanden genötigt, als sie versucht hätten, junge Muslime zu einem besseren Leben zu bekehren.

Politik und Verbände äußern scharfe Kritik

Der Zentralrat der Muslime hatte die Aktion in Wuppertal scharf verurteilt. "Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen", sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Diese Leute betreiben eine Zweckentfremdung unserer Religion. Sie schaden mit dieser schrillen und völlig unsinnigen Aktion den Muslimen ungemein."

"Wir dulden keine Paralleljustiz in Deutschland", sagte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) dem Kölner "Express". NRW-CDU-Chef Armin Laschet griff nach der Provokation radikaler Islamisten dagegen die rot-grüne Landesregierung an: Die habe die Salafistengefahr "völlig unterschätzt", sagte Laschet.

Auch die Bundesregierung will das Auftreten der radikalislamischen Sittenwächter nicht hinnehmen. "Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet. Niemand darf sich anmaßen, den guten Namen der deutschen Polizei zu missbrauchen", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) der "Bild"-Zeitung (Samstag). Justizminister Heiko Maas (SPD) betonte: "Für die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist allein der Staat verantwortlich (...)."

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach sich für ein Verbot selbsternannter "Scharia-Polizisten" aus. "Für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen unsere Polizisten und nur sie. Deshalb müssen wir ein Verbot dieser vermeintlichen islamischen Tugendwächter prüfen", sagte er der "Welt am Sonntag". Falls es dafür keine Rechtsgrundlagen geben sollte, "müssen wir sie schaffen".

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), forderte ein hartes Vorgehen: "Das kann ein demokratischer Rechtsstaat nicht tatenlos hinnehmen", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). "Das ist eine gezielte Provokation der Salafisten.
Der Rechtsstaat soll vorgeführt werden. Deshalb ist es richtig, dass die Polizei konsequent einschreitet", sagte Bosbach. Das bestehende rechtliche Instrumentarium reiche für eine Verfolgung der Täter aus.

Verfahren gegen elf Männer eingeleitet

In Wuppertal wurde ein Verfahren gegen elf Männer wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Die Islamisten im Alter von 19 bis 33 Jahren waren nicht festgenommen worden. Das Empfehlen religiöser Regeln sei nicht strafbar, hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Das Tragen der "Shariah Police"-Westen sei als unzulässige Uniformierung während einer unangemeldeten Versammlung gewertet worden.

Die Islamisten erhoben mit gelben Verbotshinweisen den Anspruch auf eine "Shariah Controlled Zone" (Scharia-kontrollierte Zone). Darauf sind Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: Kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen.

(lnw)
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