Parteitag in Kalkar Der rechte Flügel zeigt auch in der NRW-AfD seine Macht

Mit den beiden Landtagsabgeordneten Thomas Röckemann und Helmut Seifen an der neu gewählten Doppelspitze herrscht im Landesverband vermeintlich Ausgeglichenheit.

 Thomas Röckemann und Helmut Seifen (links): die neuen Sprecher der NRW-AfD.

Thomas Röckemann und Helmut Seifen (links): die neuen Sprecher der NRW-AfD.

Foto: dpa, rwe lof

Als Martin Renner, am Samstagmorgen noch Landeschef der NRW-AfD, zu seiner Begrüßungsrede des Parteitags ansetzen will, dringt er kaum durch. Erst ist das Gemurmel der rund 400 Delegierten zu stark, dann sein Mikrophon viel zu laut, die Rede holprig, er liest ab. Als er später den Rechenschaftsbericht vorstellen soll, ist er minutenlang nicht zu finden. Martin Renner ist an diesem Wochenende nicht in Bestform, wirkt lustlos, und wird es später selbst so sagen: "Fünf Jahre über ich mich jetzt in Zermürbung, ich möchte nicht mehr in der Zentrale der Strippenzieher sein." Renner will — entgegen seiner Ankündigung — nicht mehr Landeschef sein.

Bei dieser Erklärung wird deutlich: den Landesverband NRW zu führen, ist kein Traumjob, die Zeiten der Gefälle und Lagerbildung sind auch nach dem Abgang von Marcus Pretzell nicht vorbei. Als Renner den Rechenschaftsbericht vorstellen soll, hält er nochmals einen "Appell an die Anständigkeit"; die Partei müsse miteinander, nicht gegeneinander arbeiten; vor allem, dass auch der Ex-Schatzmeister die AfD verlassen habe, habe ihn "schockiert". Dies mache auch den Rechenschaftsbericht nicht einfacher; Gerüchte um finanzielle Unregelmäßigkeiten im Wahlkampf, die seit Wochen durch die Partei wabern, weist Renner zurück. Er spricht von Gegnern innerhalb der Partei, die so etwas streuen. Es gebe nichts zu verbergen, "nichts, was nicht belegt werden konnte", bestätigt auch der Rechnungsprüfer, man brauche aber Zeit. Die Entlastung des Vorstands wird vertagt.

Röckemann holt zum Rundumschlag aus

Auch der Landtagsabgeordnete Thomas Röckemann, einer der beiden neuen Landeschefs, setzt in seiner Rede auf einen Rundumschlag der "alten" NRW-AfD: "Bonnie & Clyde haben fertig, besser ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende", sagt er über Marcus Pretzell und seine Frau Frauke Petry. Die AfD müsse jetzt zusammenstehen, um "linke Politik zu verhindern", so der der 52 Jahre alte Rechtsanwalt aus Minden, Vertreter des rechten Flügels, der auch die "Kyffhäuser Treffen" mit Björn Höcke besucht.

Als gemäßigter gilt Helmut Seifen, Ex-CDU-Mitglied, beurlaubter Schulleiter und Fraktionsvize im Landtag. Der zweite gleichberechtigte neue Vorsitzende hielt eine scharfe Rede; wünschte sich eine "starke Partei im Kampf für unser Vaterland" und sagte über die Forderung von SPD-Chef Martin Schulz, die EU bis 2025 in die Vereinigten Staaten von Europa umzuwandeln: "2025 ist dann endgültig zerstört, was zwei Weltkriege nicht geschafft haben."

Mit Röckemann und Seifen hat die NRW-AfD wieder eine Doppelspitze beider Strömungen, von der nach außen eher Zurückhaltung zu erwarten ist. Beide sind keine Freunde von offen ausgetragenen Flügelkämpfen. Die werden sich — wenn überhaupt — künftig eher zwischen Bundes- und Landesvorstand abspielen. Denn zwei eher moderate Kandidaten, die vergangene Woche noch in den Bundesvorstand gewählt worden waren, wollte die Mehrheit der Delegierten nicht im Landesvorstand sehen: Kay Gottschalk, einst Pretzell-Vertrauter, sowie Ex-SPD-Mann Guido Reil, der sich in seiner Rede einen eindeutigen Versprecher leistete: "Wir wollen die Herzkammerpartei der Arbeiter werden. Im Ruhrgebiet höre ich ein Herz immer lauter pochen, das ist das Herz der SPD!"

(rth)
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