Integration in NRW Jugendhilfe will Kitas für Flüchtlingskinder öffnen

Düsseldorf · Die Kinder- und Jugendhilfe will, dass alle Flüchtlingskinder in Kitas unterkommen. NRW-Familienministerin Christina Kampmann kündigte jetzt eine generelle Erweiterung der Kinderbetreuung um mehr als 20.000 Plätze an.

 In der Kita Vereinsstraße in Düsseldorf haben 18 der Kinder einen Migrationshintergrund, vier kommen aus Flüchtlingsfamilien. "Die Kinder haben keine Sprachbarriere, sie verständigen sich auf ihre Art", sagt Leiterin Elke Hansen.

In der Kita Vereinsstraße in Düsseldorf haben 18 der Kinder einen Migrationshintergrund, vier kommen aus Flüchtlingsfamilien. "Die Kinder haben keine Sprachbarriere, sie verständigen sich auf ihre Art", sagt Leiterin Elke Hansen.

Foto: Bauer

In der evangelischen Kita Vereinsstraße in Düsseldorf-Gerresheim müssen die Kinder ihr Spiel im Sandkasten unterbrechen. Ein Mädchen braucht ein Pflaster. Drei Kinder stehen daneben, ein Junge legt den Arm um die Schultern des Mädchens. Wer hier Flüchtling ist und wer nicht, interessiert keines der Kinder. "Sie haben keine Sprachbarriere, sie verständigen sich auf ihre Art", sagt Leiterin Elke Hansen.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe wünscht sich mehr solcher Kitas und fordert deshalb Plätze für alle Flüchtlingskinder unter sechs Jahren. Denn in den Einrichtungen falle die Integration und das Erlernen der deutschen Sprache besonders leicht. "Die Kitas sind Türöffner in die Gesellschaft", sagt die Vorsitzende Karin Böllert.

"Kitas sind Türöffner"

Weil aber viele Flüchtlinge gar nicht wüssten, dass es Kitas gibt, müsse man sie gezielt in ihrer Muttersprache informieren. In Deutschland gebe es 120.000 Flüchtlingskinder unter sechs Jahren, sagt Böllert mit Verweis auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Wie viele davon in die Kita gehen, könne nicht beziffert werden. Grundsätzlich haben Flüchtlingskinder ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kita, wenn die Familie einer Kommune zugewiesen wurde.

Wie Familienministerin Christina Kampmann (SPD) gestern mitteilte, soll die Zahl der Kita-Plätze zum Jahr 2017/18 um mehr als 20.000 auf knapp 660.000 aufgestockt werden. Das Land hat die Ausgaben für frühe Bildung zwischen 2010 und 2017 mehr als verdoppelt: von 1,26 Milliarden auf 2,8 Milliarden Euro. Doch noch immer gebe es zu wenige Plätze, finden Experten. "Der Kita-Ausbau hinkt total hinterher", sagt etwa Attila Gümüs vom Landeselternbeirat der Kindertageseinrichtungen. Häufig genug müssten Eltern darum bei der Kinderbetreuung improvisieren, "meist sind es die Frauen, die dafür beruflich zurückstecken", sagt Gümüs.

Laut Stefan Paschmann von der Düsseldorfer Diakonie, Träger der Kita Vereinsstraße, besteht das Problem vor allem in Innenstädten. Während etwa in Garath im Düsseldorfer Süden der Bedarf gedeckt sei, bewege sich die Zahl der Bewerber in Stadtteilen wie Derendorf und Flingern fast im vierstelligen Bereich. Die 720 Plätze für das Jahr 2017/18 sind seit Februar vergeben. Die Stadt hat angekündigt, weiter ausbauen zu wollen. So soll die Quote der U3-Betreuung in öffentlich geförderten Tagesstätten der Stadt und freier Träger von 42,6 Prozent (4998) auf 47,4 Prozent (5381) erhöht werden, die Bedarfsdeckungsquote für Kinder von drei Jahren bis zur Schule soll von 98,7 auf 103,2 Prozent steigen.

"Man muss den Ausbau forcieren"

Bislang gibt es nur wenige Flüchtlingskinder in Kitas. Wie ein Stadtsprecher sagt, seien im vergangenen Oktober 60 Prozent der Kinder über drei und zehn Prozent der Unter-Dreijährigen aus Flüchtlingsfamilien betreut worden. Wie viele das konkret sind, konnte er nicht sagen, doch die Zahl sei niedrig: "Es wird wenig nachgefragt." In den Einrichtungen der Diakonie sind nur etwa 50 der 3000 Kinder Flüchtlinge.

Auch Gümüs sorgt sich nicht, dass sich die Lage durch Flüchtlingskinder weiter verschärfen könnte. "Auch ohne sie muss man den Ausbau forcieren", sagt er. "Man sollte nicht eine Gruppe gegen die andere ausspielen."

(RP)
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