Sicherheit in NRW Gerhart Baum scheidet aus Bosbach-Kommission aus

Düsseldorf · Noch bevor es überhaupt losgegangen ist, scheidet der zweitwichtigste Mann der neuen NRW-Sicherheitskommission schon wieder aus. Der Liberale Gerhart Baum macht nicht mit. Offenbar gab es inhaltliche Differenzen.

 Der frühere Bundesinnenminster Gerhart Baum (FDP)

Der frühere Bundesinnenminster Gerhart Baum (FDP)

Foto: dpa, wst

Der frühere Bundesinnenminster Gerhart Baum (FDP) gibt der neuen NRW-Sicherheitskommission von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) einen Korb. Baum werde "aus persönlichen Gründen" nicht mitwirken, erklärte Laschet am Donnerstag, und er sehe "keinen Anlass, solche persönlichen Gründe weiter zu hinterfragen". Offenbar gab es im Hintergrund massive Differenzen über die fachliche Ausrichtung der Kommission.

Die Personalie sorgt für Aufsehen. Die Ankündigung der Bosbach-Kommission war Laschets vielleicht wichtigster Coup im Landtagswahlkampf: 15 namhafte Experten sollen unabhängig vom dafür eigentlich zuständigen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) "eine vorbehaltlose Analyse bestehender Defizite vornehmen und Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheitsarchitektur in NRW entwickeln", so der Regierungsauftrag.

Streit soll es keinen gegeben haben

Nachdem Laschet im Wahlkampf mit der Nominierung des sicherheitspolitischen Hardliners und Talkshow-Promis Wolfgang Bosbach (CDU) gepunktet hatte, legte FDP-Chef Christian Lindner großen Wert auf ein liberales Gegengewicht in der Kommission, und Baum wurde verpflichtet. Der bekannte FDP-Politiker steht für den linksliberalen Parteiflügel und warnt seit Jahrzehnten vor zu viel staatlicher Überwachung. "Es wird nun eine Bosbach-Baum-Kommission werden", kündigte Baum im Juni gegenüber unserer Redaktion an.

Nun wird es aber doch nur eine "Bosbach-Kommission". Bosbach bestritt auf Nachfrage, dass es Differenzen gab: "Es gab überhaupt keinen Streit." Allerdings sehe "Baum das Thema innere Sicherheit anders als ich", räumte er ein. Baum sagte auf Nachfrage lediglich: "Ich beantworte keinerlei Fragen zu meinen persönlichen Gründen." Laschet deutete Terminkonflikte im Kalender des viel beschäftigten Juristen Baum an. Beobachter haben daran Zweifel.

Nach Informationen unserer Redaktion gab es in der ersten Dezemberwoche ein klärendes Gespräch zwischen Bosbach und Baum. Dabei soll deutlich geworden sein, dass die beiden Innenpolitiker sich bei mehreren Themen nicht auf eine gemeinsame Linie der Kommission hätten verständigen können.

Andere Ansichten über Schleierfahndung

So ist Bosbach der anlasslosen Personenüberwachung ("Schleierfahndung") gegenüber aufgeschlossen, während Baum dieses Instrument eher als Gefahr für den Rechtsstaat sieht. Bosbach ist aufgeschlossen gegenüber der Vorratsdatenspeicherung. Auch das sieht Baum anders. Ebenso bewerten beide das Instrument des sogenannten Staats-Trojaners völlig unterschiedlich, mit dem der Staat unter Umständen private Computer ausspähen darf.

Dass die offenkundigen fachlichen Differenzen zwischen Bosbach und Baum und der Ausstieg Baums aus dem Projekt Sicherheitskommission der Grund für den verspäteten Start sind, bestritt Bosbach ebenfalls. Seine Verpflichtungen als Mitglied im Bundestag und andere Termine hätten keinen früheren Start erlaubt. Ursprünglich sollte die Kommission unmittelbar nach der Regierungsbildung in NRW ihre Arbeit aufnehmen. Jetzt soll die Kommission ihre Arbeit Anfang 2018 aufnehmen. Sie soll rechtzeitig vor Ende der Legislatur Vorschläge vorlegen, die noch von der aktuellen Regierung umgesetzt werden können. Untersuchen soll sie vor allem, welches Personal, welche Technik und rechtlichen Instrumente das Land im Kampf gegen die Kriminalität braucht.

Die Kommission wird in der Staatskanzlei angesiedelt. Mitglieder sind neben Bosbach unter anderem Peter Neumann, Terrorexperte vom Londoner King's College, sowie der frühere Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht Düsseldorf, Ottmar Breidling. Ebenso wird der frühere Chef von Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst, Hansjörg Geiger, mitarbeiten. Der Rechtsanwalt und ehemalige Baum-Assistent Mehmet Daimagüler wird Experte für Opferschutz und der Psychologe Rudolf Egg "Experte für Kriminalitätsphänomene". Der Kölner Oberstaatsanwalt Markus Hartmann wurde als Cybercrime-Experte verpflichtet.

(tor)
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