Düsseldorf CDU und FDP streiten über Klima und Asyl

Düsseldorf · FDP-Chef Lindner fordert für eine schwarz-gelbe Koalition von der NRW-CDU mehr Distanz zu Kanzlerin Merkel. Damit lenkt der Liberale von landespolitischen Konflikten ab.

Düsseldorf: CDU und FDP streiten über Klima und Asyl
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Bisher hielten schwarz-gelbe Koalitionen in Nordrhein-Westfalen nicht lang. Das Kabinett Rüttgers/Pinkwart überlebte fünf Jahre, von 1962 bis 1966 regierte Ministerpräsident Franz Meyers mit der FDP, von 1954 bis 1956 Karl Arnold mit FDP und Zentrum. Auf Bundesebene hätte das Scheitern von Schwarz-Gelb 2013 die FDP sogar fast ihre Existenz gekostet.

Das erklärt die distanzierten Reflexe, mit denen CDU und FDP nach der Wahl auf die Perspektive einer Neuauflage reagierten. Aber kurz vor den angekündigten Sondierungsgesprächen, die nach Informationen unserer Redaktion noch in dieser Woche beginnen sollen, betonen CDU und FDP nun doch ihre Gemeinsamkeiten.

"Es gibt keine unüberwindbaren Hindernisse für ein schwarz-gelbes Bündnis", betonte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner gestern. Und auch sein christdemokratischer Amtskollege Armin Laschet erklärte, er sei "zuversichtlich, noch vor der parlamentarischen Sommerpause eine neue Landesregierung zu bilden". Die letzte Sitzung des Landtages vor der Sommerpause findet am 14. Juli statt.

Gibt es überhaupt Alternativen?

Laschet geht von einem Bündnis mit den Liberalen aus. Der Frage, ob es dazu überhaupt noch theoretische Alternativen gibt, wich er aus. Offensichtlich ist den beiden Parteispitzen ihre bisherige Inszenierung der eigenen Unabhängigkeit auf Kosten des absehbaren Regierungspartners inzwischen selbst zu albern geworden.

Die von Laschet identifizierten Konflikte im Bereich innere Sicherheit wischte Lindner vom Tisch. Die CDU-Forderung nach der Einführung der Schleierfahndung lehnt die FDP zwar ab. Aber das sei nebensächlich. Solange die Möglichkeiten der NRW-Polizei nicht einmal zur Aufklärung von Verdachtsfällen ausreichten, sei die verdachtsunabhängige Suche nach Kriminellen einfach nicht so wichtig. Dass Lindner auf diesem Feld keine Probleme sehe, bezeichnete Laschet als "gute Nachricht".

Auch in der Bildungspolitik zeichnen sich kaum Konflikte ab. Beim Turbo-Abi wollen beide Parteien den Schulen die Wahl lassen. Die Studiengebühren, die Hochschulen nach Vorstellungen der FDP bei Bedarf einführen können, werden von der CDU zwar abgelehnt. Aber für Lindner sind sie "ja auch nur eine von vielen Optionen", wie er gestern betonte.

Differenzen bei Industrie- und Flüchtlingspolitik

Dennoch wurde gestern auch sichtbar, worüber in den Koalitionsverhandlungen zu ringen sein wird: Aus Lindners Sicht bestehen die größten Differenzen in der Industrie- und in der Flüchtlingspolitik. Bei letzterer habe Laschet sich stets unterschiedslos hinter die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt, während die FDP schon früh ein Einwanderungsgesetz gefordert habe, um mit dem Zuzug von Flüchtlingen aus wirtschaftlichen Gründen anders umgehen zu können als mit politischen Flüchtlingen. Protest gegen Merkels Flüchtlingspolitik müsse "ja nicht immer nur von der CSU aus Bayern kommen", sagte Lindner. Von der künftigen, CDU-geführten Regierung erwarte er, dass sie über den Bundesrat mehr Korrekturen daran durchzusetzen versuche.

Ebenso wenig Widerstand habe die nordrhein-westfälische CDU gegen den großkoalitionären Klimaschutzplan der Bundesregierung gezeigt, obwohl der zu Wettbewerbsnachteilen für die NRW-Industrie führe. Dasselbe gelte für die jüngsten Fassungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Lindner beklagte die "Selbstverzwergung" von NRW unter Rot-Grün. Eine neue Landesregierung müsse sich auch unter Laschet mehr einmischen. Auch dann, wenn Laschet dafür Konflikte mit seiner Parteifreundin Angela Merkel riskiere.

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Damit wird auch erkennbar, wie Lindner sein strategisches Dilemma auflösen will: Einerseits kann er sich einer Regierung mit der CDU in Nordrhein-Westfalen und den damit verbundenen Kompromissen kaum verweigern. Andererseits will er sich im Bundestagswahlkampf als unbeugsame Opposition verkaufen. Lindners Lösungsansatz scheint zu sein: Er torpediert die NRW-CDU zwar. Aber dabei legt er den Schwerpunkt auf bundes- und nicht auf landespolitische Themen. Das ermöglicht die Koalition im Land, und Lindner kann auf Bundesebene trotzdem weiter sein Image als CDU-Angreifer pflegen.

(tor)
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