Anfrage der Grünen im Landtag Mehr als tausend Schächte in NRW sind bruchgefährdet

Düsseldorf · Jahrhundertelanger Bergbau hinterlässt Spuren. So gibt es in Nordrhein-Westfalen etliche einsturzgefährdete Stollen. Bei manchen Schächten wissen die Behörden nicht einmal, wo genau diese verlaufen. Besonders stark betroffen ist Bochum.

 Luftaufnahme eines durch einen Bergschaden entstandenen Kraters in einem Bochumer Wohngebiet (Archivbild vom 04.01.2000).

Luftaufnahme eines durch einen Bergschaden entstandenen Kraters in einem Bochumer Wohngebiet (Archivbild vom 04.01.2000).

Foto: dpa, gb

Bei mehr als tausend Bergbauschächten in NRW ist mit sogenannten Tagesbrüchen etwa durch den Einsturz alter, nicht verfüllter Stollen zu rechnen. In einer am Dienstag veröffentlichten Antwort des Düsseldorfer Energieministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Landtag heißt es: "Diese Schächte stellen aufgrund der Höhe der Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder des Schadensumfangs ein langfristig nicht zu akzeptierendes Risiko dar, so dass für diese Schächte die tatsächlich vorhandene Gefährdung durch Untersuchungen nachzuweisen und erforderlichenfalls Maßnahmen zur Risikobewältigung (...) oder zur Risikominimierung (...) durchzuführen sind."

Demnach ist das Land derzeit für maximal 2569 verlassene Schächte des Steinkohlebergbaus zuständig. Von 65 Schächten ist den Angaben zufolge aber die genaue Lage nicht bekannt. "Beunruhigend ist, dass wir bei vielen Risiken nun wissen, dass wir nichts wissen", sagte die Sprecherin der Landtags-Grünen für Bergbausicherheit, Wibke Brems, laut Mitteilung.

Die Risikoanalyse durch die Bergbehörde müsse dringend landesweit angegangen werden, so Brems. In der Antwort des Energieministeriums heißt es unter anderem: "Immer wieder ist festzustellen, dass bei der Sicherung altbergbaulicher Hinterlassenschaften durch unerfahrene Dritte Verfahren eingesetzt werden, die für den entsprechenden Zweck unzureichend und/oder unter Nachhaltigkeitsaspekten fragwürdig sind."

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) erklärte dagegen, die Situation sei nicht neu. Seit Jahrhunderten gebe es planvollen und auch wilden Bergbau im Kohlerevier. Die Aufarbeitung der daraus entstehenden Gefährdungen sei seit Jahrzehnten in Gang. Die Bergbehörde und viele für den Altbergbau verantwortliche Unternehmen betrieben ein umfassendes Risikomanagement.

"Noch nie wussten wir besser Bescheid über mögliche Gefährdungen als heute", sagte Pinkwart. Dabei würden Risiken eingehend bewertet, Bergbehörde und Unternehmen handelten frühzeitig, damit Tagesbrüche gar nicht erst entstünden. "Wer jetzt so tut, als sei Gefahr im Verzug, handelt unverantwortlich."

Der jahrhundertelange Steinkohleabbau im Ruhrgebiet sorgt an der Oberfläche immer wieder für Schäden durch sogenannte Bergsenkungen. So war beispielsweise 2013 in der Nähe des Essener Hauptbahnhofs ein einsturzgefährdeter Stollen entdeckt worden. Die Sicherung dauerte mehrere Wochen, der Zugverkehr war in dieser Zeit massiv gestört.

"2018 schließen die letzten Zechen, die Folgen des Steinkohlebergbaus werden weit darüber hinaus massiv spürbar bleiben", sagte Brems weiter. "Immer wieder sorgen Tagesbrüche für folgenschwere Schäden an Gebäuden, Zugstrecken, Straßen und Autobahnen." In den Jahren 2005 bis 2016 habe es fast 1900 Tagesbrüche gegeben.

Die Gesamtfläche des vom oberflächen- und tagesnahen Bergbau betroffenen Gebiets in NRW gibt das Ministerium mit rund 267 Quadratkilometern an. Besonders im Fokus ist nach Auswertung der Grünen Bochum, wo potenziell 43 Prozent der Fläche betroffen sind.

(oko)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort