Zweiter NRW-Flüchtlingsgipfel Asylanträge sollen binnen drei Monaten bearbeitet werden

Düsseldorf · Mit der steigenden Zahl von Asylsuchenden wachsen auch die Aufgaben für Land und Kommunen. Ein zweiter NRW-Flüchtlingsgipfel tagte deshalb am Mittwoch in Düsseldorf. Regierungschefin Kraft forderte mehr Geld vom Bund und eine schnellere Bearbeitung der Asylverfahren.

Am zweiten NRW-Flüchtlingsgipfel nahmen unter anderem Ministerpräsidentin Kraft (Mitte), Schulministerin Löhrmann und Innenminister Jäger teil.

Am zweiten NRW-Flüchtlingsgipfel nahmen unter anderem Ministerpräsidentin Kraft (Mitte), Schulministerin Löhrmann und Innenminister Jäger teil.

Foto: dpa, hka

Angesichts weiter steigender Flüchtlingszahlen hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mehr Unterstützung vom Bund verlangt. Zum Abschluss des zweiten NRW-Flüchtlingsgipfels am Mittwoch in Düsseldorf forderte sie zudem eine deutlich schnellere Bearbeitung der Asylverfahren, die in drei - statt wie bisher sechs - Monaten erfolgen solle. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAFM) häuften sich trotz personeller Aufstockung aktuell rund 200.000 unbearbeitete Asylanträge - nach 100.000 unerledigten Fällen im März 2014. Die kommunalen Spitzenverbände und die politische Opposition zeigten sich enttäuscht über das Ergebnis der Runde.

Viele Städte und Gemeinden sehen sich überfordert. Auch die Regierungschefin sagte, "die Kommunen gehen bis an den Rand ihrer Möglichkeiten". Zugleich betonte sie, seit dem ersten Spitzentreffen im Oktober habe das Land viel vorangebracht und seine Mittel erhöht. Kraft hatte erneut Vertreter aus Kommunen, Politik, Kirchen, Flüchtlingshilfe und Wohlfahrtsverbänden geladen.

Binnen eines halben Jahres habe man bei den Landeseinrichtungen die Zahl der dauerhaften Plätze um 2000 auf rund 7000 erhöht und werde 2016 die angestrebten 10.000 plus 2000 Notfallplätze schaffen. Auf Kritik aus Kommunen und CDU, das werde nicht ausreichen, sagte Kraft, der Bedarf werde stark davon abhängen, ob das BAMF das erklärte Ziel erreiche, die Bearbeitungszeit für die Asylanträge auf drei Monate zu verkürzen.

Alle Teilnehmer des Gipfels seien sich einig gewesen: "Es darf keinen Nährboden für Rechtsextremismus geben." Beschwerdemanagement und Standards in den Landeseinrichtungen seien geschaffen. Es gebe in manchen Punkten "Nachsteuerbedarf". Auch bei Sprachförderung von erwachsenen Flüchtlingen oder Familienzusammenführung solle es weitere Initiativen geben. Die Forderung der Kommunen nach einer stärkeren Landesbeteiligung bei hohen Medizinkosten werde geprüft.

Städtetag, Landkreistag sowie der Städte- und Gemeindebund kritisierten: "Auch das Land bleibt gefordert, mehr zu tun. Solche Zusagen hat es jedoch heute leider nicht gegeben." Es sei dringend geboten, die Kostenerstattung nicht weiter nach veralteten Zahlen zu berechnen, sondern realistisch nach den hohen aktuellen Flüchtlingszahlen. Das Land müsse die jeweils für 2015 und 2016 vom Bund bereitgestellten 108 Millionen Euro eins zu eins an die Kommunen weitergeben.

Zudem wurde das Flüchtlingssterben im Mittelmeer thematisiert. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), sagte: "Das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer ist eine Schande für Europa und wir müssen auf europäischer Ebene dringend zu einer Lösung kommen. Wir dürfen dem Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen." Gerade bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien habe Deutschland eine Vorreiterrolle in der EU eingenommen, "angesichts des Leidens der Menschen in Syrien oder Nordirak bin ich aber der Meinung, dass wir mehr tun können", sagte Strässer weiter.

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Die CDU kritisierte ein "ernüchterndes" Ergebnis. Die rot-grüne Regierung bringe keine nennenswerten Aktivitäten auf den Weg, sondern rufe erneut nach dem Bund. Schon zuvor hatte Fraktionschef Armin Laschet moniert, das Land tue zu wenig. Die FDP nannte es enttäuschend, dass eine klare finanzielle Entlastung der Kommunen ausbleibe. Die Piraten kritisierten unverbindliche Ankündigungen.

Im ersten Quartal 2015 hat NRW rund 22.000 Flüchtlinge neu aufgenommen - ein Anstieg um gut 170 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mindestens rund 60.000 Asylbewerber werden für das Gesamtjahr erwartet. Manche Flüchtlinge müssen auch in Turnhallen, Containern oder anderen Provisorien unterkommen. Berichte und Bilder von Übergriffen auf Flüchtlinge in Landesunterkünften durch Wachpersonal hatten im vergangenen Herbst schockiert und mit zum ersten Flüchtlingsgipfel im Oktober geführt.

(lnw/jd)
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