Neuss Witzig-rasanter Shakespeare im Neusser Globe gefeiert

Neuss · Die Geschichte ist so abgedreht, dass selbst ein Soap-Autor abwinken würde: Das Ende geht gar nicht. Dass sich von zwei Freunden der eine in die Freundin des anderen verliebt, mag noch angehen. Dass er alles tut, um den anderen auszustechen, auch. Aber dass er versucht, sie zu vergewaltigen, sich reumütig für den Verrat beim Freund entschuldigt und von ihm dafür mit der Überlassung der Freundin belohnt wird? Und sie guckt nur zu? Nein, da hat Shakespeare sich einen Plot ausgedacht, der in unseren Zeiten nur schwer in den Griff zu bekommen ist.

 Shakespeares Komödie "Zwei Herren aus Verona" wurde beim Shakespeare-Festival im Globe in Neuss gezeigt.

Shakespeares Komödie "Zwei Herren aus Verona" wurde beim Shakespeare-Festival im Globe in Neuss gezeigt.

Foto: C. Krey

Aber Veit Schubert hat es geschafft. Der Schauspieler und Professor an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin hat mit seinen Studenten eine ebenso schräge wie witzig-rasante Fassung der frühen Shakespeare-Komödie "Zwei Herren aus Verona" einstudiert, die beim Shakespeare-Festival im Neusser Globe gefeiert wurde.

Die absurde Handlung wischt Schubert lässig zur Seite. Frauen und Männer haben bei ihm leichtes Spiel, das unglaubliche Ende ist irgendwie und plötzlich einfach nur da. Zwei Stunden ohne Pause flirren die jungen Darsteller der Hochschule über die Bühne, sind mit Lust dabei. Sie spielen präzise und flippig zugleich - allen voran Leonard Scheicher als Valentin und Felix Strobel als Proteus.

Veits Inszenierung ist ein schönes Beispiel dafür, dass auch nach 25 Jahren Festival in Neuss Überraschung und Staunen möglich sind. Wenn etwa ein Stück wie die "Beiden Veroneser", das nur wenig gespielt wird, die Frage nach dem "Warum nicht?" aufwirft. Oder wenn das Drama über den bösartigen "König Richard III." nach der bejubelten Premiere auf einer Guckkastenbühne (im Rheinischen Landestheater) bei der Aufführung im runden Globe erst so richtig zeigt, wie instinktsicher Shakespeare einst für diese eine Theaterform schrieb.

Schon deswegen bleibt es spannend, ob auch eine Bühnenfassung von Woody Allens Kinofilm "Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie" in dem Holzbau funktioniert. Und dann wartet da noch Friedrich Schiller: Er realisiert in seinem Drama "Maria Stuart" die geplante, nie stattgefundene Begegnung der Shakespeare-Gönnerin Elisabeth I. und ihrer Kontrahentin.

(hbm)
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