Kaiser-Wilhelm-Museum Krefelds neuer Kunst-Parcours

Krefeld · Nach sechs Jahren wird am Freitag das Kaiser-Wilhelm-Museum wieder eröffnet. Der Umbau kostete 17,7 Millionen Euro.

Der erste Weg führt an der Kasse vorbei in die Beletage zu Struffsky. So nennen Kunstexperten der Kürze und des Spaßes halber die drei Heroen der Düsseldorfer Fotografie: Andreas Gursky, Thomas Ruff und Thomas Struth. Im Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum, das man morgen nach sechsjähriger Schließung erstmals wieder betreten kann, sollen Werke von ihnen den Begrüßungsblickfang bilden; vor allem Gurskys "Ruhrtal" und "Mülheim an der Ruhr, Angler".

Am Tag der Wiederöffnung werden die Wände zwar noch nackt sein, doch Museumsdirektor Martin Hentschel beschreibt Hängung und Platzierung schon jetzt so plastisch, als sei bereits alles perfekt. Erstaunlich nur, dass selbst drei Monate vor der eigentlichen Wiedereröffnung am 2. Juli noch nicht für jeden Raum eine Idee bereit liegt. Manches, so gibt Hentschel zu bedenken, lasse sich eben erst an Ort und Stelle entscheiden.

Kaiser Wilhelm-Museum in Krefeld während der Bauarbeiten
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Das Kaiser Wilhelm-Museum während der Bauarbeiten

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Foto: Str�cken,Lothar

Ein Grafikkabinett und ein offenes Forum flankieren den Schauraum der Fotografie. Die wird auch noch den nächsten Saal des Rundgangs beanspruchen. Dann geht es weiter mit Malerei. Hentschel will "Dialogsituationen" schaffen, will Werke des Spätmittelalters, des 19. Jahrhunderts, der klassischen Moderne und der Gegenwart zueinander in Beziehung setzen. Ein Beispiel ist die Präsentation von Peter Halleys großformatigem, sich auf Mondrian beziehenden Gemälde "The Happy Land" von 1990 mit den vier Mondrians des Hauses.

Im zweiten Stockwerk wird das Museum seinen Besuchern im Saal über Struffsky erneut ein Erlebnis von hohem Wiedererkennungswert bescheren: Gerhard Richters drei mal drei Meter messendes Bild "1024 Farben" von 1973, eine der Tafeln, die den Farbmusterkarten aus Malergeschäften folgen und viel später die Grundlage von Richters Kirchenfenster für den Kölner Dom bildeten. Die anscheinend willkürliche Verteilung der Farben wirft die Frage nach Zufall, Schicksal und Fügung auf. Dazu werden Werke von Sigmar Polke stoßen, Richters langjährigem Gefährten und späterem Mitbewerber auf dem internationalen Kunstmarkt, außerdem Bilder von Karin Kneffel. Links setzt sich der Rundgang fort durch einen Raum, in dem Hentschel Objektkünstler aus Düsseldorf versammelt hat, von Lothar Baumgarten über Reiner Ruthenbeck und Harald Klingelhöller bis zu Thomas Schütte.

 Eine neue Perspektive für die Stadt: Mit dem rundumsanierten Kaiser-Wilhelm-Museum kann die Stadt wieder große Ausstellungen aufnehmen.

Eine neue Perspektive für die Stadt: Mit dem rundumsanierten Kaiser-Wilhelm-Museum kann die Stadt wieder große Ausstellungen aufnehmen.

Foto: Thomas Lammertz

Dann geht es zurück in die Vergangenheit, zum einzigen Werk, das schon jetzt zu sehen ist: Johan Thorn Prikkers "Lebenszyklus" von 1923, einer umfangreichen Wandmalerei, die nach 40 Jahren erstmals wieder freigelegt wurde. In monumentalem Stil verkörpern ihre Figuren den ewigen Wechsel von Werden und Vergehen. Im selben Saal sollen neun Vitrinen daran erinnern, dass die Sammlung des Kaiser-Wilhelm-Museums auch eine bemerkenswerte Kollektion an Kunsthandwerk umfasst. Das galt damals als fortschrittlich, entsprach auch der Vorstellung vom Gesamtkunstwerk, das der von Thorn Prikker hoch geschätzte Deutsche Werkbund vertrat.

Der altertümliche Name Kaiser-Wilhelm-Museum scheint nicht recht dazu zu passen. Das Architektur gewordene Denkmal für Wilhelm I. verstand sich jedoch von vornherein als bürgerliches und zudem zeitgenössisches Museum, als Ort des Impressionismus ebenso wie der Reformpädagogik.

Beschleunigen wir die Schritte zu den übrigen Attraktionen, mit denen sich das Haus als bedeutende Adresse in der Museumslandschaft zurückmeldet: zu Joseph Beuys' zurzeit noch eingemauerter Installation "Barraque D'Dull Odde", die der Künstler dort selbst errichtete, und zu Monets Gemälde "Das Parlamentsgebäude in London", das die Stadt Krefeld beinahe für 20 Millionen Euro verkauft hätte, um die Sanierung des Museums zu finanzieren.

Krefeld hat die 17,7 Millionen Euro, die dafür erforderlich waren, anderweitig aufgebracht. Das Ergebnis: Es regnet jetzt nicht mehr ins Gebäude, erstmals verfügt das Haus über eine Klimaanlage, und die Kunstmuseen der Stadt Krefeld sind jetzt wieder mit ihrem Hauptsitz in der Innenstadt präsent. Durch eine Verlagerung des Treppenhauses ist das Museum auf 1900 Quadratmeter Ausstellungsfläche gewachsen, und über dem Eingang prangt nun der Name des Gebäudes in einer markanten Leuchtschrift des Künstlers Pietro Sanguineti.

Der Museumsdirektor wird sich von diesem neuen täglichen Anblick allerdings schon bald lösen müssen. Nach 15-jährigem Einsatz für die nun endlich abgeschlossene Sanierung tritt er Ende August in den Ruhestand. Katia Baudin, zurzeit noch stellvertretende Leiterin des Museums Ludwig in Köln, wird die Nachfolge antreten, ohne sich nebenher mit Bauplanung herumschlagen zu müssen. Beneidenswert.

(B.M.)
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