Karneval in den Niederlanden Lekker Alaaf!

Nur wenige Autominuten von Düsseldorf und Köln entfernt wird in den Niederlanden genauso jeck Karneval gefeiert wie bei uns. Allerdings mit ein paar Unterschieden. Unsere Autorin wohnt jenseits der Grenze - sie erklärt, wie der niederländische Fastelovend funktioniert.

 Hauptsache grell: Jecke in Roermond

Hauptsache grell: Jecke in Roermond

Foto: RP/Anna Trinler

Es ist kalt und es nieselt. Am Bahnhofsplatz von Roermond ist eine riesige Bühne aufgebaut, extra für die große Samstagsparty - oder wie es hier heißt: für die Sjtasiefestasie. Sicherheitsleute schleusen Tausende von Feierwütigen durch die Absperrgitter. Schon wenige Meter hinter dem Eingang grinsen einem knallbunte Gesichter entgegen, geschmückt mit Spinnennetzen in Schwarz-Lila, so dass die Zähne gruselig hervorblitzen. Narren in Neonfarben, Fabelwesenkostümen und geschmacklosen Pelzjacken mit Klebestickern drängen zu der großen Bühne, neben der Großbildschirme aufgebaut sind wie bei einem Rockkonzert. Beppie Kraft tritt hier auf, eine der beliebtesten Limburger Schlagersängerinnen. Es klingt verdammt nach rheinischer Karnevalsparty — wären da nicht Titel wie "Kakkedie" oder "Loeënde klokken", die schlagartig klar machen: Das ist die niederländische Art des Karnevals!

 Großer Andrang vor den Bars und Kneipen der Stadt.

Großer Andrang vor den Bars und Kneipen der Stadt.

Foto: RP/Anna Trinler

Es ist das Gefühl der Andersartigkeit in einem vertrauten Feierumfeld: Die niederländischen Jecken sind uns so ähnlich, und doch sind feine Unterschiede zu erkennen. Das fängt bei den Kostümen an und endet mit einem herzlichen Lachen über deutsche Karnevalsklassiker, die eins zu eins ins Niederländische übersetzt sind.

Die Kostüme
In diesem Jahr sind warme Tierkostüme und Pelzjacken beliebt, was vermutlich mit den eisigen Temperaturen zusammenhängt. Eigentlich verzichten die Niederländer auf themenbezogene Verkleidungen. Vor allem schrill, farbenfroh und Rot-Gelb-Grün muss es sein. Selten zeigt sich ein Jeck, der klar als Bär, Pilot oder Pirat identifizierbar ist. Die Kostüme sind vor allem eins: bunt. Völlig frei zusammengewürfelt, treffen neonfarbige Lumpen auf Cowboyhüte und venezianische Gesichtsbemalungen auf Tiermützen.

 "Als Pirat" oder "als Cowboy" geht in den Niederlanden kaum jemand - was zählt, sind schrille Kleider und grelle Farben.

"Als Pirat" oder "als Cowboy" geht in den Niederlanden kaum jemand - was zählt, sind schrille Kleider und grelle Farben.

Foto: RP/Anna Trinler

Die Farben
Neben den schrillen Kostümen fallen im niederländischen Karneval vor allem drei Farben auf: Rot, Gelb und Grün. Sie erinnern an Jamaika und Reggae und sind wirklich überall: in sämtlichen Schaufenstern, auf Fähnchen und Wimpeln und Ringelsocken. Hauswände sind mit Luftballons und Fahnen in den entsprechenden Farben dekoriert. Der Grund für den rot-gelb-grünen Overkill hat allerdings nichts mit Bob Marley zu tun: Schon seit dem 14. Jahrhundert stehen die Farben für das närrische Treiben im Nachbarland. Rot steht für Liebe und Leidenschaft, Gelb für Humor und Gerechtigkeit und Grün für Balance und Zusammengehörigkeit. Eine schöne Idee: die Farbsymbolik soll auch nach den dollen Tagen Ausgeglichenheit in den Alltag bringen.

Die Hochburgen
In den Niederlanden wird der uns vertraute Karneval hauptsächlich im südlichen Teil gefeiert, vor allem in Roermond, Maastricht und Venlo. Das liegt daran, dass die Provinz Limburg an Deutschland grenzt und nur wenige Autominuten von Nordrhein-Westfalen entfernt liegt - die deutschen Karnevalshochburgen sind also quasi nebenan. Außerdem ist der südliche Teil der Niederlande katholisch geprägt und dadurch mit unseren rheinischen Karnevalstraditionen vertraut. Genau wie in Deutschland beginnen die Karnevalstage mit der symbolischen Übergabe des Rathausschlüssels an den Karnevalsprinzen und die Narren stürmen die Kneipen, Bars und Karnevalspartys.

Den Höhepunkt erreicht der Karneval in Roermond traditionell am Carnavalsmaandag beim großen Umzug durch die Stadt. Die Parade ("Grote Optocht") ist ähnlich aufgebaut wie in Deutschland: mit Traktor-Anhängern und Musik. Auf große politische Wagen muss der verwöhnte Rheinländer allerdings verzichten. Dafür kann er aus tiefstem Herzen "Alaaaf" rufen — das versteht man auch in Limburg. Den größten Karnevalsumzug gibt es übrigens in Maastricht.

Die Musik
Die Musik unterscheidet sich nur dadurch von unseren Karnevals-Klassikern, dass diese auf Niederländisch geschmettert werden. Besonders beliebt sind deutsche Dauerbrenner, die von Bands aus dem Nachbarland gecovert werden. Daraus entstehen lustige Kompositionen wie "Viva Hollandia" (Viva Colonia, Die Höhner), "Supergavetijd" (Superjeilezick, Brings), "Rood zijn de Rozen" (Rut sin de Ruse, De Boore) oder "Schatje mag ik je foto" (Schatzi, schenk mir ein Foto, Mickie Krause).

 Plastikbecher landen nach der Party in Roermond einfach auf der Straße - und werden kurz darauf effizient entfernt.

Plastikbecher landen nach der Party in Roermond einfach auf der Straße - und werden kurz darauf effizient entfernt.

Foto: RP/Anna Trinler

Selbst die größten Karnevalsmuffel müssen schmunzeln, wenn vertraute Schlagermelodien auf Holländisch gespielt werden. Dann fällt es leichter, süßen Schnaps aus Plastik-Pinnchen zu trinken. Nach der großen Sause landen diese auf dem Asphalt und werden effizient weggeräumt - während die letzten Jecken noch in die Kneipen torkeln.

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