Düsseldorf In Städten droht Wohnungsnot

Düsseldorf · Pläne der Landesregierung gehen aus Sicht von Wissenschaftlern in die falsche Richtung.

Die bisherigen Pläne der neuen Landesregierung sind aus Sicht von Wissenschaftlern nicht geeignet, den Wohnungsmangel im Land wirksam zu bekämpfen. "Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag passen nicht zur Situation auf dem Wohnungsmarkt, insbesondere in den Städten", sagte Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum. Es sei ein falsches Signal, schwerpunktmäßig den Eigentumserwerb zu fördern. "Dadurch steigt das Wohnungsangebot nicht", sagte Vornholz. Zudem gebe es in ländlichen Regionen ohnehin schon zu viele Eigenheime, die wegen des Überangebots an Wert verlören.

Volker Eichener, Experte für Stadtentwicklung und Immobilien an der Hochschule Düsseldorf, kritisierte: "Der Koalitionsvertrag ist windelweich, er enthält zu wenig Konkretes." Die Landesregierung müsse nachlegen. "Ich kann im Koalitionsvertrag keinen Willen erkennen, den Wohnungsmangel zu beseitigen."

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) will laut Koalitionsvertrag die Grunderwerbsteuer reformieren und einen Freibetrag von 250.000 Euro pro Person einführen, der Kinder extra berücksichtigt.

Insbesondere in den Städten fehlen Expertenschätzungen zufolge bundesweit 400.000 Wohnungen, auch weil der demografische Wandel falsch eingeschätzt wurde. Stärker als erwartet zieht es die junge Generation in die großen Städte. Immobilienwissenschaftler Eichener beziffert die Zahl fehlender Sozialwohnungen in NRW auf 250.000. Er vermisse im Koalitionsvertrag ein klares Bekenntnis zu einem konkreten Fördervolumen oder Zahlen zu geplanten Wohneinheiten - trotz der aktuell glänzenden Haushaltslage. Zudem sei das Thema Flüchtlinge gar nicht erwähnt. Zu berücksichtigen sei, dass es von der Investition bis zur Fertigstellung drei Jahre brauche. "Das zeigt: Es muss schnell gehen."

Die Aussagen gehen in eine ähnliche Richtung wie die Kritik der Opposition. Eine Ideologie, die auf das Eigenheim setze, sei überholt, sagte gestern der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Arndt Klocke. SPD-Fraktionsvize Sarah Philipp hatte die Eigentumsförderung als "Griff in die Mottenkiste" bezeichnet. Stattdessen müsse in bezahlbare Wohnungen für Familien, Rentner und Studenten investiert werden. Scharrenbach versicherte gestern, sie werde die Eigentumsförderung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bedarfsgerecht ausgestalten. Der Schwerpunkt der sozialen Wohnraumförderung bleibe unverändert erhalten.

Um Investitionen in Neubauten anzukurbeln, schlägt Immobilienprofessor Eichener vor, über eine Bundesratsinitiative die degressive Abschreibung wiedereinzuführen. Weil Bauherren dabei zunächst weniger Steuern zahlten, helfe es ihnen über die Anfangsverluste hinweg und kurbele die Bautätigkeit an. Zugleich begrüßte er den Plan der Landesregierung, die Mietpreisbremse abzuschaffen und bürokratische Hemmnisse abzubauen. Der Kritik begegnete die Ministerin mit dem Hinweis, ein Koalitionsvertrag beinhalte nur einen inhaltlichen Rahmen, der jetzt ausgestaltet werde.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort