Essen "Hinz muss den Druck aushalten"

Essen · Rechtswissenschaftler: Appelle zum Mandatsverzicht sind rechtmäßig.

Der Essener SPD-Chef Thomas Kutschaty hat sich erneut per E-Mail an Petra Hinz gewandt und sie zur Niederlegung des Bundestagsmandats aufgefordert. Die 54-Jährige habe darauf aber nicht reagiert, hieß es. Unterdessen hat eine Debatte darüber eingesetzt, ob ein solcher Druck auf ein Parlamentsmitglied rechtlich zulässig sei. Der Verfassungsrechtler Thomas Darnstädt hatte dies als möglicherweise strafbares Vorgehen bezeichnet.

Dem widerspricht der Düsseldorfer Rechtswissenschaftler Martin Morlok: "Da ist rechtlich nichts zu machen." Es sei durchaus statthaft, Bundestagsabgeordnete mit Appellen unter Druck zu setzen, sagte er unserer Redaktion. Ein Parlamentarier müsse wahrnehmen, was um ihn herum geschehe. Welche Schlüsse er daraus ziehe, sei wegen des freien Mandats dessen Sache. Morlok: "Drucksituationen wie jetzt muss er aushalten". Kutschaty hat mehrfach darauf verwiesen, dass die Partei Frau Hinz nicht dazu zwingen könne, ihr Mandat niederzulegen. Dies schließe aber nicht aus, an ihre "Moral" zu appellieren. Behauptungen, die SPD habe damit das rechtlich Zulässige überschritten, seien "natürlich Quatsch".

Wo Petra Hinz derzeit medizinisch betreut wird, ist weiterhin unklar. Wie berichtet, hatte sie in einer E-Mail an Kutschaty, der auch NRW-Justizminister ist, erklärt, dass sie sich "zu einem späteren Zeitpunkt" öffentlich erklären wolle. Der Essener SPD-Chef sagte, er könne sich nur schwer in ihre Lage hineinversetzen. "Ich glaube aber, dass es für sie eine große Belastung gewesen sein muss, 30 Jahre lang mit einem falschen Lebenslauf durchs Leben gegangen zu sein."

Hinz hatte angegeben, Juristin mit erstem und zweitem Staatsexamen zu sein. Auf die Frage, warum sie dies getan habe, hatte ihr Anwalt erklärt: "In der Rückschau vermag Frau Hinz nicht zu erkennen, welche Gründe sie seinerzeit veranlasst" hätten.

(hüw)
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