Krefeld De Greiffs Greiffenhorst-Desaster

Krefeld · Bei insgesamt eher bescheidener Lebensführung war das Haus Greiffenhorst ein Prunkbau. Cornelius de Greiff hatte wenig Freude daran. Dass es heute Teil eines öffentlichen Parks ist, dürfte ihn freuen.

 Stolz war Cornelius de Greiff schon auf sein Haus Greiffenhorst, auch wenn er sich kräftig mit dem Baumeister gestritten hat.

Stolz war Cornelius de Greiff schon auf sein Haus Greiffenhorst, auch wenn er sich kräftig mit dem Baumeister gestritten hat.

Foto: Philip Lethen

Cornelius de Greiff entschloss sich im Alter von fast 60 Jahren zum Bau des Hauses Greiffenhorst. Die Mit- und auch die Nachwelt rätselte, was de Greiff damit nun wollte. Ein Jagd- oder ein Sommerhaus? Ein Prunkbau? Mal richtig aufschneiden? Jedenfalls: Der Hausherr lebte nie richtig in und mit diesem schönen Haus; ging er zur Jagd, fand das Essen danach zur Stärkung meist in einer Wirtschaft statt und nicht in seinem Bürgerschloss. Haus Greiffenhorst, 1842 fertiggestellt, blieb dürftig eingerichtet und diente vor allem als Gärtnerwohnung. De Greiff hatte viel Ärger mit den Bauleuten; die Bauausführung war ihm nicht ordentlich genug. Dass es heute wertgeschätzt wird als zauberhaftes Gebäude in einem schönen Landschaftsgarten, dürfte de Greiff erleichtert und mit Freude zur Kenntnis nehmen. Hier seine Eindrücke.

An die hochwohllöblichen Krefelder anno domini 2017!

 Würdig, von Schinkel gebaut zu sein.

Würdig, von Schinkel gebaut zu sein.

Foto: Philip Lethen

Mein Haus Greiffenhorst ist doch recht zierlich und nach klassischem Muster errichtet; freilich, so recht freuen konnte ich mich nicht daran. Ich seh schon, die Nachwelt denkt, ich sei der Prunksucht verfallen; dies eine Mal, und ei ja, so mag man es auch sehen, wiewohl ich froh bin, dass es heute den Leuten zur Freude gereicht und ganz possierlich anzusehen ist im Park dazu.

Überhaupt hatte ich mit Bauen wenig Glück und viel Verdruss. Musste mit dem Baumeister von Greiffenhorst streiten, dass die Schönheit der Form auch mit Solidität im Detail gepaart werde. Und recht praktisch war es auch nicht. Wenigstens meine geliebte Nichte Marianne Rhodius hatte ab und an ihre Freude an dem Bauwerk, das einem Schinkel zur Ehre gereicht hätte. Ja, der nämliche, der Schinkel!

 Auf dem Balkon lässt sich Weite gut ermessen.

Auf dem Balkon lässt sich Weite gut ermessen.

Foto: Philip Lethen

So wandte ich mich ab von Greiffenhorst, wollte ein bescheidenes Gartenhaus auf einem Stück Grund am Friedrichsplatz in Krefeld bauen. Ich wollte, schrieb ich der Stadtverwaltung, einen kleinen, unbedeutenden Pavillon ausführen; 4,40 Meter in der Breite. Doch die Stadt lehnte das Vorhaben ab, meiner Treu, wegen zweier Säulen, die dort zu stehen kommen sollten, hieß es. Die Korinthenkacker! Ich plante um, aus Säulen wurden Pfeiler, doch wieder widerstand die Stadt: Angeblich, weil die Pfeiler zehn Zoll vorzustehen kommen sollten, aber nur sechs Zoll erlaubt waren.

Ich weiß, ich weiß, es geschah wohl aus Unmut: Bürgermeister Ondereyck notierte irgendwann mit Bleistift auf der meine Causa betreffenden Akte: 'Cornelius de Greiff hat zu allgemeinen und wohltätigen Zwecken in der Regel gar nichts oder doch nur sehr unbedeutend gegeben.' So sieht wohl jedermann: Die Stadtverwaltung hat mich aus Unmut mit ihren Regeln behindert. Es ging um Rache, nicht ums Baugesetz. Das war nicht rechtens, aber es ging mir nach, und mir dämmerte, dass der Bau von Greiffenhorst eitel Tand und zuvörderst eine Rieseneselei gewesen ist.

Krefelds Gemeinwesen ging es bei all dem nicht gut; auf euch überliefert ist der Satz eines Landrates, der in Krefeld lebte und den Vergleich zu anderen Landesteilen hatte: Er müsse aufrichtig bekennen, schrieb er, dass "mir auf den bunten Umtrieben meines praktischen Erdenlebens noch nie eine Gemeinde vorgekommen ist, wo der Geist für gemeinnützige Anstalten und deren Einrichtung oder Unterstützung so total darniederliegt wie hier".

Das ging, Gott sei's geklagt, gegen mich und meinesgleichen, und so bitte ich euch Nachgeborene, mein Leben nicht aus diesem Urteil zu ermessen, sondern vom Ende her. 1842 wurde das Haus Greiffenhorst fertiggestellt; mein Leben wurde stiller danach, und 1857 hab ich mein irdisches Hab und Gut meiner Vaterstadt vermacht, da man nun mal nichts von all dem Reichtum ins Grab und erst recht nicht vor den himmlischen Richter mitnehmen kann.

Und es gab genug zu tun für Arme. Es gab eine Armenverwaltung, Betteln war verboten. Überliefert ist das Geschick des Bettelweibes Anna Möskes, die als Witwe mit 87 Jahren beim Betteln polizeilich festgenommen und schließlich als Katholikin ins katholische Armenhaus überführt worden war.

Die braven Bürger Krefelds, denen ein besseres Geschick zuteil worden ist, hatten sich angewöhnt, an einem Tag in der Woche jedem Bettler eine Gabe zu reichen; die Bettler wiederum sammelten sich demgemäß an den Straßenecken der wohlhabenden Viertel, um ihren Teil zu ergattern. So ist's überliefert, so habe ich es als Spaziergänger gesehen, und dies vor Augen, habe ich später mit Blick auf die Ewigkeit mein Testament geschrieben.

So gedenkt meiner mit Milde, trotz des Satzes vom braven Bürgermeister Ondereyck. Und ehret jene Häuser und Nachfahren unserer Armenverwaltung ob ihrer Arbeit, denn arm zu sein ist ein Hundeleben. Und freut euch, wenn ihr auskömmlich lebt.

Es grüßt euch, wackere Bürgerschar,

demütigst

euer

Cornelius de Greiff

(RP)
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