Trauer bei Flugbegleiter-Organisation Ufo-Chef: "Blankes Entsetzen bei den Kollegen"

Frankfurt/Main · Mit an Bord der abgestürzten Germanwings-Maschine 4U9525 waren nach Unternehmensangaben sechs Crewmitglieder – die zwei Piloten und vier Flugbegleiter. Der Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation, Nicoley Baublies, schilderte im Gespräch mit unserer Redaktion seine Eindrücke vom Frankfurter Flughafen.

 Ufo-Chef Nicoley Baublies

Ufo-Chef Nicoley Baublies

Foto: Arne Dedert

Mit an Bord der abgestürzten Germanwings-Maschine 4U9525 waren nach Unternehmensangaben sechs Crewmitglieder — die zwei Piloten und vier Flugbegleiter. Der Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation, Nicoley Baublies, schilderte im Gespräch mit unserer Redaktion seine Eindrücke vom Frankfurter Flughafen.

"Wir haben uns hier mit 100 Lufthansa-Mitarbeitern versammelt", so der Ufo-Chef. "Es herrscht blankes Entsetzen. Die Kollegen stehen schweigend in der Eingangshalle vor dem Fernseher." Für den Dienstagbend waren an mehreren Standorten Trauerkundgebungen der Flugbegleiter geplant. Ufo-Mitglieder waren aufgerufen, in Uniform und in Trauerflors zu erscheinen.

Laut Baublies müsste kein Kollege, der von den Vorfällen schockiert sei, in den kommenden Tagen fliegen: "Im Unternehmen ist es gängige Praxis, dass die Menschen auch vor sich slebst geschützt werden." Bestehe der geringste Verdacht, dass ein Flugbegleiter nicht einsatzbereit sei, werde dieser sofort nach Hause geschickt.

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Der Konzern habe mehrere Spezial-Teams mit speziell geschulten Mitarbeitern nach Marseille, Köln und Düsseldorf geschickt. Diese sollen die betroffenen Angehörigen, aber auch schockierte Kollegen betreuen. Für Mitarbeiter gibt es zudem die Möglichkeit, sich telefonisch mit den Krisenteams in Verbindung zu setzen.

Da es sich um den ersten derartigen Vorfall in der Unternehmensgeschichte handele, helfe es auch nichts, wenn man bereits länger im Geschäft sei, so der Ufo-Chef, der selbst als Purser, also als Chef-Steward, jahrelang an Bord unterwegs war. Zwar würden die Mitarbeiter regelmäßig für Zwischenfälle wie etwa den Ausbrauch eines Feuers an Bord geschult. "Was wir bisher wissen, spricht jedoch dafür, dass man dieses Wissen überhaupt nicht hätte anwenden können."

Piloten sagen Streiks ab

Die Ereignisse hätten Auswirkungen auf die Tarifgespräche. Derzeit gibt es bei der Lufthansa gleich drei Tarifkonflikte: eine Schlichtung mit der Ufo, einen festgefahrenen Tarifstreit mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und Verhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über das Bodenpersonal. "Alle irgendwie Beteiligten sind gut beraten, die Situation nicht auszunutzen. Wir sollten jetzt alle — also Management, aber auch Mitarbeitervertreter — einen Hebel umlegen und uns vorrangig um die aktuellen Ereignisse kümmern. Hinterher ist nicht vorher", sagte Baublies. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Piloten-Gewerkschaft Cockpit. Diese will vorerst auf weitere Streiks verzichten.

In Frankreich haben die Gewerkschaften ebenfalls reagiert: Die französische Fluglotsen sagten ihren von Mittwoch bis Freitag angekündigten Streik ab. "Wir verschieben unsere Streik-Ankündigung aufgrund der in den Kontrollräumen nach dem Absturz ausgelösten Ängste, vor allem in Aix-en-Provence", sagte ein Gewerkschaftssprecher.

Dagegen halten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an ihren für Mittwoch geplanten Aktionen in NRW fest. "Wie andere Menschen trotz der Katastrophe zur Arbeit gehen, werden die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes ihr Streikrecht wahrnehmen. Ungeachtet dessen fühlen die Streikenden im öffentlichen Dienst mit den Hinterbliebenen", sagte ein Sprecher von Verdi NRW auf Anfrage. Bei den Kundgebungen solle der Opfer der Absturzkatastrophe gedacht werden. Nach Angaben von Dorothea Schäfer, GEW-Chefin von NRW, sei zu Beginn der Kundgebungen eine Schweigeminute geplant. Am Abend wurde jedoch bekannt, dass zumindest die Kundgebung in Düsseldorf abgesagt wurde. Die Gewerkschaft der Polizei sagte die für Mittwoch geplante "aktive Mittagspause" aus Respekt vor den Opfern des Flugzeugabsturzes ab.

(maxi)
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