"1000 Kilometer NRW" Einmal mit dem Rad durchs "Hippeland"

Wesel · In der achten Folge unserer Serie "1000 Kilometer NRW" radeln wir links und rechts des unteren Niederrheins. Auf 66 Kilometern geht es über eine frühere Bahntrasse, am Deich entlang und mit einer Fähre über den Fluss.

Wenn Radrouten-Tester ein richtiger Beruf wäre, hätten diese 15 Frauen und Männer ihre Gesellenjahre weit hinter sich gelassen. Schweigen wir übers Alter - die Erfahrung ist gemeint. Als Ausgangspunkt eines langen Radel-Wochenendes wählt die selbst ernannte "Gruppo Sportivo" das Welcome-Hotel in Wesel, ideal direkt an der Rheinpromenade gelegen, den Radweg vor der Tür. Die Längste ihrer drei Touren verbindet beide Seiten des Stroms.

Die Radler starten in Richtung Rheinbrücke; sie ist schnell erreicht über Fischertorstraße und den Ring. Kaum ist der Fluss überquert, geht's eine Rampe runter auf den recht neuen Radweg Richtung Xanten. Durch Perrich und Werrich, zwei Flecken mit teilweise schmuck herausgeputzten Häuschen, führt die - auch beschilderte - Route über die Bislicher Insel. Dabei ist die Auenlandschaft gar keine Insel, gleichwohl Naturschutzgebiet.

Den Fähranleger lässt die Gruppe - noch - rechts liegen und wendet sich Xanten zu. An der Ampel überquert sie die B 57, um auf der ersten Straße rechts, der Viktorstraße, immer geradeaus in die Stadt zu fahren. In der Fußgängerzone ist natürlich Schieben geboten. Eine Stunde ist jetzt verstrichen, da muss sich noch keiner ein Eis holen am Markt. Kann aber. Eine Pause muss auf jeden Fall sein: der Dom Sankt Viktor lohnt zumindest eine Stippvisite. Der Archäologische Park Xanten (APX), ein Römermuseum, hätte mehr Zeit verdient. Hätte. Manch einer weiß schon, dass er wiederkommt.

Immerhin: Es geht im Bogen halb rum ums weitläufige APX. Dort stoßen die Radler auf eine alte Bahntrasse. Sie führt parallel zur B 57. "Hippelandexpress" nannte der Volksmund die Gleisverbindung. Die namensgebenden Ziegen haben die Besucher nicht gesehen, dafür einen Teil der kulturtouristischen Radwanderroute Via Romana, die Xanten und Nijmegen verbindet.

Hinter Marienbaum hat das kilometerlange Geradeausfahren ein Ende. Auf der anderen Seite der B 57 geht's weiter, vorbei an Appeldorn nach Kalkar. Im historischen Kern, auf dem Markt, bietet sich eine Pause an. Für Eis, Snacks, Cappuccino - und Fotos vom Häuserensemble samt Rathaus und Gerichtslinde oder der Nicolaikirche.

Gestärkt wendet sich die Gruppe Richtung Rhein. Hönnepel heißt das nächste Dorf, bekannter ist der "Schnelle Brüter", ein hoch umstrittenes Kernkraftwerk, das folglich nie in Betrieb ging. Das bunte Milliardengrab ist nicht zu übersehen, einen Besuch im "Wunderland", so die heutige Vergnügungsfunktion, halten die 15 Radler für entbehrlich.

Sie fahren lieber auf dem Deich nach Niedermörmter, genießen die Weitsicht über den Rhein mit der Reeser Brücke, nehmen ein kurzes Stück die Straße nach Obermörmter, bevor sie rechter Hand die Nord- und Südsee bestaunen und links die Reeser Schanz, auch eine Rheinaue. Vynen, Wardt, Lüttingen, Beek - im Zickzack geht's durch Xantens schöne Dörfer.

Und dann, links die Gelderner Straße runter, liegt sie da, die "Keer tröch". Die Fähre für Fußgänger und Radfahrer bringt die Gruppe ans Bislicher Ufer. So ein kurzes Stück mit dem Bötchen ist doch immer wieder ein Highlight.

Jetzt haben sich die Niederrheinentdecker aber eine richtige Pause verdient. Das "Fährhaus" oberhalb des Anlegers ist da die passende Adresse. Frühankommende bestellen Kaffee und Kuchen, Spätere lassen sich die Abendkarte geben. Danach - bei der Fahrt über Deichwege zurück - rauschen die letzten Kilometer förmlich vorbei.

Ihr Fazit? Absolut lohnenswert. Abwechslungsreich. Also: gerne wieder. Flexibilität bietet die Route auch. Wer abkürzen will, startet am Bislicher Anleger, spart sich also die südliche Schleife über Rheinbrücke und Bislicher Insel. Und wer verlängern will, macht von Kalkar aus einen Abstecher zum sehenswerten Schloss Moyland mit seiner berühmten Beuys-Sammlung.

(mp)
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