Duisburg Duisburg streitet um Armenien-Resolution

Duisburg · Der Integrationsrat leugnet den Völkermord. OB Link will dies in einer Sondersitzung korrigiert sehen.

Oberbürgermeister Sören Link hat angekündigt, in einer Sondersitzung des Integrationsrates heute einen Beschluss zu "kassieren", um den es in der Stadt seit Tagen Diskussionen gibt.

Sind zwischen 1915 und 1917 gezielt Armenier im Osmanischen Reich verfolgt und ermordet worden? Was für Historiker und die Mehrzahl der Abgeordneten im Deutschen Bundestag unstrittig ist, weisen viele hier lebende Türken empört zurück. In Duisburg haben diese Genozid-Leugner bewirkt, dass der Integrationsausschuss in einem Beschluss die Abstimmung im Deutschen Bundestag scharf verurteilt. "Eine Lüge ist eine Lüge und bleibt eine Lüge" ist die Resolution unterschrieben, in der die (namentlich genannten) Bundestagsabgeordneten mit türkischen Wurzeln indirekt als Verräter gebrandmarkt werden, allen voran der örtliche SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir. Er war zwar bei der Abstimmung in Berlin gar nicht dabei - aus Termingründen, wie er angab -, aber er hatte sich vorher für die Resolution ausgesprochen. Der Duisburger Integrationsausschuss hält in seiner Stellungnahme den Mord an den Armeniern für nicht erwiesen und bezeichnet die, die das anders sehen, als Verräter und Verleumder. Cem Özdemir (Grüne) etwa wird darin wörtlich unterstellt, "dass sein Hass auf die türkische Regierung und seine Nähe zur terroristischen PKK offensichtlich sein ganzes Handeln bestimmen".

Dem Gremium gehören in Duisburg Vertreter an, die von den Migranten direkt gewählt wurden sowie Politiker, die die Ratsfraktionen nominiert haben. Das Verhältnis ist etwa zwei Drittel zu einem Drittel. Die CDU hat mit ihrem Ausschuss-Mitglied inzwischen geredet, das einräumt, einen Fehler gemacht zu haben und sich von dem Inhalt der Erklärung schriftlich distanziert hat. Den Vorsitz im Integrationsrat führt ein SPD-Vertreter, der sich bislang nicht geäußert hat. Antragsteller war ein Ratsherr der Alternativen Liste, die mit der Gruppe "Junges Duisburg" im Rat eine gemeinsame Fraktion bildet. Auch hier gab es Gespräche, in denen der Antragsteller auf Distanz ging und zusagte, für die Rücknahme der Resolution einzutreten. Wird der Integrationsausschuss dies heute nicht tun, wird sich ein paar Stunden später der Rat der Stadt mit dem Thema befassen und dies beschließen.

Abgesehen von dem Inhalt hätte der Integrationsrat diesen Beschluss aus rechtlichen Gründen gar nicht fassen dürfen. Das sehen die Mitglieder der darin vertretenen Gruppierung MTB (Muslimische Türkenunion) ganz anders. Ebenso wie der Rat der Stadt vor zwei Jahren eine Resolution zur Niederschlagung der Proteste im Gezipark in Istanbul verabschiedet habe, stehe es dem Integrationsausschuss ebenfalls zu, Stellung zu nehmen, meint die MTB. Dass der Rat damit damals aber ebenso seine Kompetenzen überschritt wie es jetzt der Integrationsrat getan hat, ist für die MTB kein Argument und missachtet den juristischen Grundsatz, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt.

Mehr noch als dieser Beschluss bereitet den etablierten Ratsparteien in Duisburg indes Sorgen, dass angeblich weite Teil der türkischstämmigen Bevölkerung der gleichen Ansicht sind wie die Antragsteller. "Wenn das so ist, dann hätten wir hier in Bezug auf unsere jahrzehntelange Integrationsarbeit ein Problem", sagt der CDU-Bundestagabgeordnete und Duisburger Parteichef Thomas Mahlberg.

(RP)
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