Düsseldorf/Brüggen Land überprüft Anti-Krebsmittel

Düsseldorf/Brüggen · Die Substanz 3-BP wurde im Brüggener Krebszentrum eingesetzt.

Brüggen-Bracht: Land überprüft Proben von 3-Brompyruvat
Foto: Busch

Nach ungeklärten Todesfällen von mehreren Patienten eines alternativen Krebszentrums in Brüggen überprüft jetzt die Arzneimitteluntersuchungsstelle im Landeszentrum Gesundheit NRW mehrere beschlagnahmte Proben der Substanz 3-Brompyruvat (3-BP). "Dabei geht es um die Frage, ob die Proben die für ein Arzneimittel erforderliche pharmazeutische Qualität aufweisen", erklärte ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums auf Anfrage. Das Präparat soll die Energieproduktion von Tumorzellen hemmen.

Ein Heilpraktiker hatte diese nicht als Medikament zugelassene Substanz in seinem Brüggener Krebszentrum an mehrere Patienten verabreicht; die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Mann wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung in drei Fällen und fahrlässige Körperverletzung in zwei Fällen.

Die Untersuchungen der 20-köpfigen Ermittlungskommission "Brom" gestalten sich schwierig. Auch nach mehreren Wochen liegen nur vorläufige Obduktionsergebnisse der drei verstorbenen Patienten vor. "Pharmazeutische und toxikologische Untersuchungsergebnisse werden noch eine Zeit dauern", erklärte Oberstaatsanwalt Axel Stahl. Der Nachweis des Stoffes sei schwierig. "Die Gerichtsmedizin muss dafür neue Nachweis-Methodiken entwickeln", so der Oberstaatsanwalt. Deshalb seien auch Exhumierungen weiterer verstorbener Patienten des Krebszentrums - insgesamt 69 seit der Gründung vor zwei Jahren - "derzeit absolut kein Thema", so Stahl. Die Ermittler gehen der Frage nach, ob der Heilpraktiker verunreinigtes 3-BP verabreichte oder eine falsche Dosierung wählte. Stahl: "Der Heilpraktiker hat bestritten, dass bei der Behandlung etwas falsch gelaufen ist."

Ende kommender Woche sollen laut Gesundheitsministerium die Untersuchungsergebnisse vorliegen. Stahl betonte, dass der Heilpraktiker die Substanz verabreichen durfte: "Es war nicht unzulässig, das Präparat zu verwenden." NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) erneuerte gestern ihre Forderung nach einer Reform des aus dem Jahr 1939 stammenden Heilpraktikergesetzes. "Obwohl Heilpraktiker ähnlich weitreichende Kompetenzen wie Ärzte haben, enthält das Gesetz keine Vorgaben, welche Grundkompetenzen Heilpraktiker haben müssen." Patient Klaas Tulp, selbst mit 3-BP im Krebszentrum behandelt, hofft, dass das Gesetz nicht verschärft wird. "Die alternative Medizin ist ein Gewinn." Die Patienten stünden hinter dem Heilpraktiker. "Was jetzt passiert, ist eine Hexenjagd." Bald wollen die Ermittler den mittlerweile ausgestiegenen Mitgründer des Zentrums als Zeugen befragen. Er hatte erklärt, der Heilpraktiker habe die Infusionen zuletzt selbst angerührt, statt sie fertig aus der Apotheke zu beziehen - um Geld zu sparen.

(mrö)
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