Streit um Vollverschleierung Gastwirt verwehrt verschleierter Frau den Zutritt zu seinem Lokal

Bielefeld · In Bielefeld ist eine Nikab-Trägerin eines Lokales verwiesen worden, weil sie sich weigerte, ihr Gesicht zu zeigen. Der Gastwirt wurde als Rassist verunglimpft. Die Bundeskanzlerin sagte, dass ein Burka-Verbot die Integration behindere.

 Ein Nikab verdeckt das Gesicht der Frau, nur die Augen sind zu sehen wie in diesem Archivbild.

Ein Nikab verdeckt das Gesicht der Frau, nur die Augen sind zu sehen wie in diesem Archivbild.

Foto: dpa

Es war ein schöner Sommerabend am Bielefelder Obersee. Etwa 3000 Menschen waren am vergangenen Samstag ins Ausflugslokal "Seekrug" gekommen, um den Tag ausklingen zu lassen und dort das alljährliche "Lichterfest" zu feiern. Wegen der jüngsten Terroranschläge gab es leicht verschärfte Sicherheitskontrollen. Auch eine Frau, gehüllt in eine sogenannte Nikab, wollte wohl an dem Fest teilnehmen.

Als Wirt Christian Schulz die schwarz verschleierte Frau sah, forderte er sie auf, ihr Gesicht von der Verhüllung zu befreien, da man nur ihre Augen durch einen schmalen Schlitz sehen konnte. Es sei sein Haus und er sei der Gastgeber. Da könne er das verlangen. Dieser Bitte kam die Frau, bei der es sich um eine deutsche Staatsbürgerin handeln soll, aber nicht nach. "Stattdessen schimpfte sie gleich los", sagte der Gastwirt. Daraufhin verließ sie das Gelände.

Christian Schulz nahm an, dass damit die Angelegenheit erledigt sei. Mit dem, was dann folgte, hatte er nicht gerechnet. In den sozialen Medien wurde er im Internet massiv beschimpft, sein Ausflugslokal erhielt plötzlich zahlreiche negative Urteile auf den Bewertungsportalen. "Das ist schon sehr heftig, was da geschrieben wird. Auch das Personal wird verunglimpft", sagt eine Mitarbeiterin. "Dabei haben wir die Frau doch nur gebeten, ihr Gesicht zu zeigen. In Zeiten wie diesen darf man das doch wohl machen auf einer Veranstaltung mit so vielen Menschen", betont sie.

Doch stattdessen werden der Wirt und seine Angestellten von einigen als Rassisten bezeichnet. Einen Vorwurf, den Schulz mit aller Entschiedenheit zurückweist. Schließlich habe er auch schon, sagt er, Gäste seiner Lokalität verwiesen, die Kleidung aus der Neonaziszene trugen.

Neben den Anfeindungen erhält Schulz aber auch viel Zuspruch. Besonders seine vielen Stammgäste haben sich auf Facebook mit ihm solidarisiert — und eine regelrechte Gegenbewegung ins Leben gerufen. So schreibt zum Beispiel Robert I., der wohl Zeuge der Vorfalls war, dass der Wirt alles richtig gemacht habe. "So wie die sich benommen hat. Keine Muslimin, die ich kenne, hat sich je so aufgeführt", schreibt er. Und Marco D. betont in seinem Eintrag: "Der Wirt hat Personal mit Migrationshintergrund und wird trotzdem beschimpft. Das geht gar nicht."

Das Tragen von Nikabs und Burkas ist in Deutschland nicht verboten. "Natürlich kann — wie jetzt in Bielefeld — aber jeder Hausherr darüber entscheiden, ob er jemanden, der so stark verschleiert ist, auf sein Anwesen lässt oder eben nicht", sagt ein Polizeisprecher. In den meisten öffentlichen Einrichtungen von Staat, Land und Kommune wie etwa Schulen und Ämtern verhalte es sich anders. Dazu bedarf es ein Gesetz, das eine Vollverschleierung verbietet. In Düsseldorf haben sich bereits der Stadtdirektor und Rektoren gegen eine Vollverschleierung im Klassenzimmer ausgesprochen. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann hält eine entsprechende landesweite Verordnung aber bislang für überflüssig.

Nach dem Willen der Innenminister der Union aus Bund und Ländern soll es bald aber klare Regeln geben. So haben sie sich bereits für ein Verbot von Vollverschleierung in deutschen Gerichten, Ämtern, Schulen oder im Straßenverkehr ausgesprochen. Die Burka und die Nikab sollten, wo immer möglich, verboten werden, fordert die CSU. Sie seien "die Uniform des Islamismus", betont CSU-Chef Horst Seehofer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schlägt verhaltener Töne an. Deutschland sei in den vergangenen Jahrzehnten ethnisch, kulturell und weltanschaulich vielfältiger geworden, sagte die Kanzlerin bei einer Veranstaltung der Unions-Bundestagsfraktion in Berlin. Es gehöre nach wie vor zur Religionsfreiheit, "seinen Glauben öffentlich bekunden zu dürfen und das eigene Verhalten an religiösen Lehren und Traditionen auszurichten" sagte sie. "Das gilt auch in Bezug auf Bekleidungsvorschriften." In der Burka-Debatte müsse man deshalb sehr präzise formulieren, in welchen Bereichen eine Vollverschleierung nicht akzeptabel sei.

(csh)
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