Sonnenfinsternis In NRW sind am Freitag Stromausfälle möglich

Brauweiler · Die Sonnenfinsternis am Freitag lässt plötzlich den Solarstrom versiegen. Netzbetreiber Amprion schließt nicht aus, dass man einzelnen Städte abklemmen muss, um das Netz stabil zu halten.

 Astronomisch gesehen schiebt sich bei einer Sonnenfinsternis der Mond vor die Sonne. Ein bestimmter Teil der Erde steht somit im Schatten des Mondes. Beim Blick von der Erde aus, wird die Sonne dann ganz oder teilweise verdunkelt.

Astronomisch gesehen schiebt sich bei einer Sonnenfinsternis der Mond vor die Sonne. Ein bestimmter Teil der Erde steht somit im Schatten des Mondes. Beim Blick von der Erde aus, wird die Sonne dann ganz oder teilweise verdunkelt.

Foto: Shutterstock.com/ Alhovik

Freitag um 9.38 Uhr wird es ernst. Dann schiebt sich der Mond so zwischen Sonne und Erde, dass die Sonne in Deutschland teilweise nicht zu sehen sein wird. Und das nicht nur für kurze Zeit. Erst um 11.58 Uhr haben die Sonnenstrahlen wieder komplett freie Bahn. Das Himmels-Spektakel stellt das deutsche Stromnetz auf eine gewaltige Probe. Die Netzbetreiber schließen einen Blackout nicht aus. "Die Lage ist schwierig, aber beherrschbar. Zu 100 Prozent ausschließen können wir einen Blackout aber nicht", sagt Andreas Preuß, Experte von Amprion. Amprion betreut das Höchstspannungsnetz, an dem unter anderem Nordrhein-Westfalen hängt und ist insgesamt für 27 Millionen Stromkunden verantwortlich.

Warum drohen Blackouts? Jahrtausende lang war eine Sonnen-Finsternis ein Naturschauspiel, diese Mal kann sie Europa lahm legen. Denn mittlerweile kommen an sonnigen Tagen 25 Prozent des deutschen Stroms aus Photovoltaik-Anlagen, so viel wie aus 35 Großkraftwerken. Durch die Sonnenfinsternis gehen Freitagmorgen plötzlich 12 000 Megawatt Solarstrom vom Netz. Mittags, wenn die Finsternis endet und die Sonne höher steht, drängen plötzlich 19 000 Megawatt Solarstrom in die Leitungen. "Solche starke Schwankungen hatten wir noch nie, das müssen die Netzbetreiber ausgleichen", sagt Preuß. Je schöner der Tag wird, desto mehr Solarstrom wird vor der Finsternis eingespeist werden - und desto größer sind die Schwankungen. Bei wolkenbedecktem Himmel dagegen gibt es weder eine Sonnenfinsternis zu sehen, noch Probleme im Netz.

Wer muss handeln? Das deutsche Höchstspannungsnetz wird von Amprion (früher RWE), Tennet (früher Eon), TransnetBW (früher EnBW) und 50Hertz (früher Vattenfall) betrieben. Daneben führen Dutzende Betreiber das Verteilnetz (in NRW unter anderem Westnetz). Und schließlich sorgen die Stadtwerke dafür, dass der Strom bis ins Haus kommt. Amprion steuert sein Netz von Brauweiler (bei Köln) aus. Gewöhnlich wachen hier zwei Experten darüber, dass überall genug Strom fließt. Für Freitag hat Amprion die Mannschaft auf sechs aufgestockt. Sicherheitshalber.

Was können die Betreiber tun? Naheliegend wäre es, die Solaranlagen schon vor der Finsternis herunterzufahren. Doch hier gibt es Zehntausende Kleinlieferanten wie Hauseigentümer. Unpraktisch also. Daher werden die Betreiber zur Stabilisierung des Netzes erstens Gas- und Kohle-Kraftwerke hochfahren lassen. Zweitens werden sie Großverbraucher "abwerfen", mit denen sie Verträge nach der so genannten "abschaltbaren Lastenregelung" geschlossen haben. Darunter fallen Tagebaue, Alu- und Stahl-Hütten. Sie bekommen über das Jahr den Strom günstiger, weil sie in Krisenzeiten bereit sind, sich kontrolliert abschalten zu lassen. "Zum zweiten können wir die Verteilnetzbetreiber nach Paragraf 13,2 Energiewirtschaftsgesetz anweisen, einzelne Städte oder Stadtteile für eine bestimmt Zeit abzuklemmen", sagt der Amprion-Experte.

Bleiben für zwei Stunden Kühlschrank und Computer aus? Das kann passieren. Erfahrungsgemäß würden aber die Verteilnetzbetreiber versuchen, die von der Abklemmung betroffenen Städte zu wechseln und mal die eine und dann die andere abzuschalten, damit keine Stadt über zwei Stunden ohne Strom bleibt, so Preuß. "Schließlich haben ja auch Notstrom-Aggregate in Krankenhäusern nur eine begrenzte Laufzeit."

Stresstest für Energiewende Sollte es am Freitag zu Blackouts kommen, wird die Debatte über Notkraftwerke Fahrt gewinnen. Viele Versorger fordern, dass Deutschland Kohle- und Gaskraftwerk für den Notfall vorhalten und den Betreibern dafür eine Vergütung zahlen muss, auch wenn die Kraftwerke nicht laufen. Das lehnt Wirtschaftsminister Gabriel ab.

In jedem Fall haben die Netzbetreiber nach Freitag viel Zeit, zu lernen. Die nächste partielle Sonnenfinsternis steht 2021 an, die nächste totale Finsternis 2081. Bis dahin wird Ökostrom noch wichtiger.

(RP)
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