Museo Vostell Malpartida Zeitreise in die Stadt der Störche

Wunderschön ist die alte Festungsstadt Cáceres. Sie liegt - lange fast vergessen - am westlichen Rand Spaniens. Dabei zählt neben der bildschönen Altstadt auch die Lage in nahezu unberührter Landschaft zu ihren Vorzügen.

Wie ausgestorben liegt die Plaza Mayor im Licht der tief stehenden Sonne. Über dem Torre de Bujaco, dem Festungsturm aus dem 12. Jahrhundert, der den mittelalterlichen Platz von Cáceres bewacht, segelt ein Storch durch die Luft. Sonst ist alles ruhig dort, wo am Abend zuvor noch die Luft erfüllt war von den Stimmen der Flaneure.

Plötzlich ist es ganz leicht sich vorzustellen, dass bis zum Eintreffen der Unesco-Behörde 1986 niemand bemerkt hatte, dass sich jenseits der maurischen Stadtmauer, die eine Seite des Platzes begrenzt, ein einzigartiges Ensemble von Häusern und Palästen aus dem 16. Jahrhundert verbarg - eine alte Ritterstadt und eines der am besten erhaltenen historischen Stadtzentren Europas.

Noch immer liegt die Altstadt im Dornröschenschlaf. Nur 350 Menschen leben innerhalb der Stadtmauern; einstmals waren es 6000. Die Häuser, in denen früher Großfamilien mit vielen Dienstboten wohnten, sind zu groß; es gibt weder Geschäfte noch eine Schule. Dafür aber Kirchen, Klöster, Plätze und Paläste aus Mittelalter und Renaissance.

"Wir beten darum, dass das Zentrum eine Geisterstadt bleibt", erklärt Marco Mangut, der 1974 in Cáceres geboren wurde und heute als Fremdenführer arbeitet. "Wenn es hier an jeder Ecke Souvenir-Läden gäbe, wäre der Zauber der Altstadt dahin."

Es scheint, als würden die Gebete erhört. Rund 600.000 Menschen besuchen jedes Jahr die 100.000-Einwohner-Stadt in Spaniens entlegenem Westen; das ist nicht viel im Vergleich zu den drei Millionen, die es in das nur 30 Autominuten von Madrid entfernte Toledo zieht. Die Randlage, die für die schleppende Entwicklung der Region Extremadura verantwortlich ist, ist aus konservatorischer Sicht ein Segen.

Auch die Natur profitiert davon. Eine der größten Populationen der gefährdeten Rötelfalken lebt in der Region. Auffälliger als die hübschen kleinen Falken sind die Störche. 130.000 Nester gibt es in der Extremadura, 800 davon in Cáceres. Ab Juli machen die Störche sich auf den Weg nach Zentralafrika. Zum Nisten kehren sie zurück. Überall ist dann ihr Klappern zu hören. Der Anblick der Vögel, die durch Wiesen staksen und auf den Türmen der Stadt brüten, ist für naturentwöhnte Besucher erhebend.

Das Umland führt noch weiter aus der Zeit: Die "Dehesa", eine magische Landschaft mit Olivenhainen, Stein- und Korkeichen, duftenden Lavendeln und bunt blühenden Wildblumen, gehört Schafherden und schwarzen Schweinen der Rasse "Pata Negra". Die führen hier ein gutes Leben, bis sie im Alter von knapp zwei Jahren zum teuersten Schinken der Welt werden.

Die Extremadura war immer arm, und immer strebten ihre Bewohner weit über die Landesgrenzen hinaus, um der Armut zu entkommen. Keine Gegend Spaniens brachte mehr Conquistadores hervor als das Land zwischen Kastilien und Portugal. Francisco Pizarro war ein besonders berüchtigter; er wuchs als uneheliches Kind im Städtchen Trujillo auf und eroberte mit seinen drei Halbbrüdern das Reich der Inka.

Auch die Köche der Stadt blicken über den Tellerrand hinaus. So wie Javier Martín, der in der Neustadt sein Restaurant betreibt, ein helles, schnörkelloses Lokal, in dem sich die Gäste ganz auf die Erzeugnisse der Küche konzentrieren sollen. Kreativ und originell verfährt der Küchenchef mit den Zutaten der Region, insbesondere dem berühmten Jamón Bellota, dem König der Schinken. Anders als der gewöhnlichere - und preiswertere - Serranoschinken wird er aufwendig und nach strengen Regeln aus jenen Schweinen hergestellt, die sich einen Herbst lang auf den Weiden der Dehesa an Eicheln und Kräutern satt gefressen und sich zugleich so viel bewegt haben, dass ihr Fleisch gleichmäßig und zart von Fett durchzogen ist. Diesen Speck zu braten, wäre eine Sünde. Martín serviert ihn im Anschluss an ein Gazpacho aus Tomaten, Orangen, Zitronen und Chorizo als Carpaccio mit Foie gras und lässt eine kräftige Blutwurst auf getrüffelter Eiercrème sowie dem im Norden und Westen Spaniens über die Zeiten geretteten Stockfisch folgen, dem er eine Speckhaube aufsetzt. Die Redaktion wurde vom Spanischen Fremdenverkehrsamt zu der Reise eingeladen.

(RP)
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