Urlaub im Oman Wo Sindbads Luxusyachten gebaut werden

Seit Jahrhunderten fertigen Zimmermänner des Omans mächtige Dhaus - zu ihren Kunden zählen Sultan, König & Co.

Oman - Zwischen Dattelhain, Meer und Wüste
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Foto: shutterstock/ Salim Al-Harthy.

Sie haben keinen Plan. Und bauen dennoch haushohe Holzschiffe, die seit Jahrhunderten sicher durch alle Stürme im Indischen Ozean segeln. Ein Märchen aus 1001 Nacht? Von wegen. Dhaus heißen die in Handarbeit hergestellten bauchigen Vorläufer heutiger Containerfrachter. Als Restaurant- oder Ausflugskähne dümpeln sie noch in den Häfen von Dubai und den Emiraten vor sich hin. Heute gibt's kaum noch Dhau-Werften auf der arabischen Halbinsel. Viele Firmen haben dicht gemacht. Nicht so Juma Hasoon Al Araimi. Der graubärtige Schiffbauer mit dem verwitterten Gesicht kämpft in der omanischen Hafenstadt Sur mit seiner Werft ums Überleben. Er zeigt Besuchern aber gerne die Produktion, wenn die ihn darum bitten.

Der Weg zur Werft ist allerdings ein kleiner Hindernispacours. Erster Eindruck hinterm rostigen Zaun des Werftgeländes: Bitte dringend aufräumen! Stämme, Latten, Pfosten stapeln sich zu einem wirren Holzmikado. Rechts eine geduckte Hütte, in der ein Schmied Nägel bearbeitet, so groß wie Spargelstangen. Daneben döst ein Hund auf der Kreissäge. Gerade will sich der Eindruck "Hinterhofschreinerei" festsetzen, da fällt - um die Ecke - der Blick auf hölzerne Mammuts: drei Dhaus im Bau, eine davon bereits zwei Stockwerke hoch aufragend. Ein Dock oder wenigstens ein stabiles Metallgerüst um den Rohbau herum - nichts davon ist zu sehen. Stattdessen zusammengezimmerte, sich unter jedem Schritt der Zimmerleute durchbiegende Planken. "Dieses Gerüst wächst mit", sagt Juma Hasoon Al Araimi und ermuntert seine Besucher das Schifft zu entern - auf einem noch wackligeren geländerlosen, Schräg-Schwebebalken.

Überlaufene Reiseziele und ihre schönen Alternativen
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Oben an Deck wartet Saleh. Der Sohn des alten, humpelnden Chefs wird die Werft in dritter Generation übernehmen, aber weiterproduzieren wie schon seine Vorfahren vor mehr als 100 Jahren: Das besonders ölhaltige und salzwasserresistente Holz für die Dhaus - Teak und Akazie - kommt damals wie heute aus Malaysia und Birma, wird auf der Werft von bis zu 20 Arbeitern pro Schiffsbau zugeschnitten und verarbeitet. "Je nachdem, welchen Schiffstyp der Auftraggeber bestellt - eine große Ghanja, eine Boum oder die kleine Shui - gibt es einen erfahrenen Vorarbeiter, der die Konstruktion für diesen Dhau-Typ so vollständig im Kopf gespeichert hat, dass er seine Mitarbeiter anleiten kann, ohne Zeichnungen bemühen zu müssen", sagt Saleh Al Araimi. Kaum vorstellbar, aber während des Besuchs sind nirgendwo Konstruktionsunterlagen zu sehen, und auch Fahad, unser Reiseleiter bestätigt diesen komplett "planlosen" Schiffbau. Bis auf Kreissägen, Schleif- und Bohrmaschinen brauchen die Zimmerleute keine Elektrogeräte. Zu hören ist vor allem unaufhörliches, dumpfes Hämmern, denn die Planken werden mit den eigens angefertigten "Spargelstangen-Nägeln" am hölzernen Skelett des Schiffsrumpfes befestigt. Zuvor wird für jeden Nagel ein Loch vorgebohrt, damit keiner das Holz spaltet. "Schau, damit später kein Wasser eindringt, dichten wir die Ritzen zwischen den Planken mit Baumwolle ab, die zuvor in Hai-Tran getränkt wurde", sagt Saleh.

Für Besucher auf der Werft eine spannende, kostenlose Zeitreise in die Vergangenheit des Schiffbaus, für den Auftraggeber hingegen ein teurer Spaß: 200.000 omanische Rial, umgerechnet etwa 400.000 Euro wird der Geschäftsmann aus Katar für sein "Handarbeits"-Stück zahlen - auch wegen seiner Luxus-Ausstattung. Denn so traditionell die Dhaus auch gefertigt werden, sie sind nicht von gestern: Klimaanlage, GPS, Küche, schicke Kabinen und Decks, muskulöser Motor hinter der Schiffsschraube.

Nach etwa zehn Monaten ist eine große Dhau fertig. Stapellauf? Schiffstaufe? In der westlichen Welt unerlässlich und oft groß gefeiert - im Oman völlig unbekannt. In die Bucht bei Sur rutscht die Dhau, weil sie von anderen Schiffen vom Strand dorthin gezogen wird. Einen Schiffs-TÜV? Gibt es nicht. "Hier wird die Dhau einfach zehn Tage lang von Werftarbeitern Probe gefahren", sagt Juma Hasoon Al Araimi, "so machen wir's seit Jahrhunderten, dann sehen wird, wo noch was nachgebessert werden muss." Darauf haben sich unter anderem Jordaniens König und Omans Sultan verlassen - beide sind heute noch zufrieden mit ihren Dhaus aus Sur.

(RP)
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