Für Feinschmecker Schokolade am Banana Beach

Nach Meinung vieler Feinschmecker kommt die beste Schokolade aus einem kleinen Land an der Westküste Afrikas: Sao Tomé und Principe.

"Ciao, come stai?" - Hallo, wie geht's? Claudio Corallo öffnet das schwere Eisentor zu seinem Haus an der Uferstraße von Sao Tomé. Nur wenige Schritte entfernt plätschert der Atlantik, auf dem Hof steht ein alter Fiat Panda und Wachhund Stella passt auf, dass niemand ungefragt die kleine Schokoladenmanufaktur betritt. Corallo kam vor fast 20 Jahren hierher und ist so etwas wie die kulinarische Visitenkarte der kleinen Inselrepublik an der Westküste Afrikas. Seine Schokolade zählt zu den besten der Welt, was nicht zuletzt an den idealen Bedingungen für Kakaopflanzen auf Sao Tomé und Principe liegt. Direkt auf Höhe des Äquators gelegen scheint das ganze Jahr über die Sonne, die Regenzeit sorgt für ein schnelles, natürliches Wachstum.

"Eigentlich hatte ich nie etwas mit Schokolade am Hut, ich mochte sie noch nicht einmal", sagt Corallo. Lange Jahre war der Italiener aus Florenz auf Kaffeeplantagen in Zaire und später in Bolivien unterwegs und kam 1995 nach Sao Tomé und Principe. "Als ich damals hier die ersten Kaffeebohnen röstete, stellte ich fest, dass der Geschmack ein ganz anderer war", erzählt Corallo. Dies habe ihn auf die Idee gebracht, sich auch die Kakaopflanzen näher anzusehen. Weil er sich jedoch kaum mit Kakao auskannte, besorgte er sich weltweit Proben prämierter Kakaosorten, um vergleichen zu können. "Ich war überrascht, denn alle Sorten hatten einen bitteren Beigeschmack. "Er vermutete Fehler bei der Herstellung und startete eine eigene Versuchsreihe in seinem kleinen Labor. "Ich wollte herausfinden, wie Kakao wirklich schmeckt."

Das Ergebnis überrascht: Bitterer Kakao, sagt Corallo, sei ein großer Irrtum. Was gemeinhin als Qualitätsmerkmal verkauft werde, sei eigentlich ein Mangel: "Reiner Kakao ist weder bitter noch schwarz." Als er dies nach vielen Experimenten mit unterschiedlichen Trocknungs- und Röstverfahren herausfand, wollte er diesen reinen Kakaogeschmack auch konservieren und stellte eine Schokolade aus 100 Prozent Kakao her. Heute gibt es außerdem eine 75-prozentige mit Ingwer, eine 80-prozentige und auch kleine Schokoladenkugeln mit Kaffee-Stückchen.

Nur selten verlässt Corallo die beiden Inseln. Warum auch? Zwar ist das Land finanziell gesehen arm, echte Reichtümer aber bietet die Natur. Sao Tomé und Principe sind zwei grüne Inseln vulkanischen Ursprungs mit über 100 Pflanzenarten, die nur hier wachsen. Wer Exkursionen ins Landesinnere unternimmt, findet rechts und links der Wege Mango-, Jackfrucht-, Goldpflaume und Brotbaumbäume, viele verschiedene Bananensorten, Ananas, Hibiskus und immer wieder Kaffee und Kakao.

Die Mehrzahl der knapp 200.000 Einwohner lebt auf der 48 Kilometer langen und 32 Kilometer breiten Hauptinsel Sao Tomé. Es ist ein Leben ohne Stress und Hektik, ganz getreu dem Insel-Motto "Leve leve" - was so viel bedeutet wie "Immer mit der Ruhe und alles wird gut". Die Männer sind meist Fischer, Farmer oder Taxifahrer, die Frauen kümmern sich um Haus und Hof und treffen sich zum Wäsche waschen am Fluss. Auf dem Markt der Hauptstadt wird von früh bis spät gehandelt, in kleinen Bistros wird für umgerechnet zwei Euro frischer Fisch mit frittierten Bananenscheiben und einer Art Pesto serviert. Dazu gibt es für 50 Cent ein Glas Saft von einer Frucht namens Sape Sape (Sabsab). Die schmeckt wie eine Mischung aus Ananas und Zitrone und ist sehr gesund, wie Carlos Horta versichert. Der 39-Jährige arbeitet bei der örtlichen Telefongesellschaft, macht gerade Mittagspause und freut sich über den Besuch aus dem fernen Deutschland in seinem Land. "Bayern Munchen und Borussia Dortmund", sagt er lachend. Diese beiden Namen kenne hier jedes Kind. Und noch ein deutscher Name fällt ihm ein: "Angela Merkel" - die sei eine "sehr gute, starke Frau".

Claudio Corallo zieht es zu den einsamen, ruhigen Plätzen auf Principe. Dort verzaubert die Natur mit traumhaften Stränden wie dem Banana Beach, der den Namen seiner bananentypischen Form verdankt und an dem auch ein TV-Spot für Bacardi entstanden ist. Keiner muss befürchten, hier im Schatten eines anderen zu liegen, denn von den wenigen Touristen, die das Land bislang überhaupt als Reiseland entdeckt haben, machen längst nicht alle einen Abstecher auf die kleine Insel.

Ihnen entgeht ein kleines Paradies. Knapp 18 Kilometer lang ist Principe und zehn Kilometer breit. Die Hälfte der Fläche ist als Nationalpark ausgewiesen, tropischer Regenwald und goldgelbe Strände prägen das Inselbild. Es gibt nur ein Hotel, ein Gästehaus und die 1300 Einwohner zählende Stadt Santo Antonio. Die wenigen Gäste, die sich im feinen Bom Bom Resort ganz im Norden der Insel einquartieren, genießen absolute Ruhe und eine überwältigende Natur. "Ich möchte an keinem anderen Fleck der Welt leben", sagt Joao, der auf Principe geboren ist und Hotelgästen auf einer Rundtour auch abgelegene Fischerdörfer oder die beeindruckende Roca Sundi zeigt, die einst von der portugiesischen Königsfamilie bewohnt wurde. Aus dem herrschaftlichen Haus soll möglicherweise ein weiteres Hotel entstehen, aber das ist Zukunftsmusik. Große Hotelburgen, versichert Joao, werde es hier nie geben. Principe bleibt eine kleine Insel für Prinz und Prinzessin - mit Schokolade am Banana Beach.

(RP)
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