Reisen Kilo-Kampf beim Handgepäck

Seitdem die Gepäckaufgabe immer häufiger extra kostet, reisen viele nur noch mit Handgepäck. Doch das sorgt für einige Probleme.

Es ist ein Szenario, das auf Flughäfen häufig zu beobachten ist: Vor der Sicherheitskontrolle steht ein Passagier mit zwei Rucksäcken, groß und mittelgroß. Er schaut ratlos. So kommt er nicht zum Gate, hat ihm ein Mitarbeiter des Bodenpersonals soeben zu verstehen gegeben. Zu viel Handgepäck.

Der Mann hat nun drei Möglichkeiten: Entweder packt er so um, dass der kleinere im größeren Rucksack verschwindet und dieser trotzdem nicht zu schwer wird - unmöglich. Oder er lässt Teile seines Gepäcks am Flughafen zurück - indiskutabel. Dritte Option: Er gibt den großen Rucksack am Schalter auf. Das ist jedoch sehr teuer, sofern der Mann nur einen Tarif mit Handgepäck inklusive gebucht hat.

Easyjet zum Beispiel nimmt dann 47 Euro für das Aufgabegepäckstück. Fällt die Mogelpackung erst am Gate auf, sind es sogar 60 Euro. Ähnliche Preise kassieren auch andere Fluggesellschaften.

Bei Billigfliegern war der Aufgabekoffer immer schon kostenpflichtig. Doch auch Premium-Carrier wie die Lufthansa bieten mittlerweile günstige Light-Tarife, die nur noch Handgepäck inkludieren. Reisende haben sich an diese neuen Verhältnisse am Himmel angepasst.

Flugreisen nur mit Handgepäck sind auf vielen Strecken in Europa eher die Regel als die Ausnahme. Bei Ryanair, der größten Airline Europas, fliegen mehr als 80 Prozent der Passagiere nur mit Handgepäck. Bei Easyjet ist es immerhin jeder Zweite. Eurowings hat keine Zahlen.

Die Regeln der Fluggesellschaften lassen weniger Spielraum als früher. Meist sind ein normales Handgepäckstück und eine Mini-Tasche erlaubt. Die Abmessungen sind begrenzt, das Gewicht auf sieben bis zehn Kilo limitiert. Doch viele Fluggäste halten sich daran nicht.

"Wir haben festgestellt, dass einige Kunden Taschen mit an Bord bringen, die die zulässige Größe überschreiten", sagt Robin Kiely, Sprecher von Ryanair. "Dies kann zu Verspätungen führen."

Auch dieses Szenario kennt man: In der Flugzeugkabine ist kein Platz für das gesamte Handgepäck der Passagiere, einige Stücke müssen im Frachtraum untergebracht werden. Das kostet Zeit. Der Flugbetrieb ist eng getaktet, im schlimmsten Fall verzögert sich der Abflug.

Lange Zeit waren Ryanair & Co. ganz zufrieden damit, dass immer weniger Menschen Gepäck aufgeben. Denn Airlines müssen am Flughafen für das Gepäck Gebühren zahlen. Und das Be- und Entladen frisst Zeit. "Die Einstellung war lange: Das Handgepäck kann ruhig ein bisschen schwerer sein", erinnert sich der Experte. Diese Zeiten sind aber vorbei.

"Dass man eine riesige Tasche als Handgepäck in den Flieger hineinschleppt, wird nicht mehr toleriert", sagt Cord Schellenberg vom Luftfahrt-Presse-Club. Gepäckstücke werden abgemessen. Wer am Schalter eincheckt, dessen Handgepäck wird oft schon gewogen. Zumindest grobe Regelverstöße sind kaum noch möglich - wohl aber kleine Schummeleien, siehe Ryanair. Und oft reicht der Platz in der Kabine auch dann nicht, wenn sich alle Passagiere an die Regeln halten.

(DPA-TMN)
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